Pflasterzauber in Hildesheim: Spaß und gute Laune

Christina/ September 5, 2022/ Alltagsgeschichten, Kultur

Zwei Tage Unterhaltung auf hohem Niveau: das ist der Pflasterzauber in Hildesheim. Vom 2.9-3.9.2022 wird ein Internationales Zirkus Theater Tanz Festival nach eigenen Angaben der Stadt Hildesheim geboten. Und es wird nicht zu viel versprochen. Den Künstler gelingt es mit ihren Darbietungen den Alltag schnell vergessen zu lassen. Wer möchte, kann für eine Weile in die Welt der Gaukler, Trickser und Bluffer eintauchen. Es macht auf jeden Fall Spaß und gute Laune.

Das macht Spaß und gute Laune
Mit einem Refrain, der Spaß und gute Laune verspricht, beginnt das Duo Spontano sein Programm. Die beiden Musikerinnen, die eine spielt Klarinette, die andere das Schifferklavier, haben sich der Klezmermusik verschrieben. Klezmermusik, die dem aschkenasischen Judentum entstammen soll, bringt Körper und Beine schnell in Bewegung. In meinen umgeschulten Ohren klingen die Töne recht schwungvoll und mitreißend. Dabei handelt es sich eigentlich um die jüdische Version des portugiesischen Fado und der ist ja bekanntlich herzzereißend. Kurzum: Klezmer schreibt Lieder über das Leben, das eben nicht immer einfach.

Die beiden Künstlerinnen Anja Kucharski und Marie Jäckh haben sich am Gemüsestand kennengelernt. So erzählen sie es jedenfalls. Während die ersten Gesangsdarbietungen mich noch mitnehmen, merke ich nach dem dritten oder vierten Lied, dass die Melodien für mich doch sehr ähnlich klingen. Zudem sind die Stimmen der beiden Frauen recht dünn. Ich glaube, ein Mikrofon wäre hier hilfreich gewesen. Vielleicht ist aber auch einfach die Akustik im Hoken (der Innenhof vor dem Knochenhaueramtshaus) nicht besonders gut. Nach gut zwanzig Minuten endet die Performance und wir ziehen weiter zum nächsten Künstler.

Der mit den Hüten jongliert
Eitis Magia hat einen langen Weg hinter sich. Der schmächtige Argentinier ist bereits mit seinem Programm im vollen Gange, als wir vor der ehemaligen Ratsapotheke dazustoßen. Mit etwas Mühe und Geschick gelingt es mir einen Platz in der zweiten Reihe zu ergattern. So kann ich wenigstens etwas von der Darbietung sehen. Der Künstler jongliert virtuos mit drei Hüten, macht aus einem zerschnittenen Band wieder ein ganzes und steht während der Show auch schon einmal auf dem Kopf. Das Zuschauen macht Spaß. Kleines Manko. Aufgrund der Sprachbarriere kommt es aber zu keinem Austausch mit dem Publikum. Da ist Andy Snatch am Tessnerhaus (Hoher Weg) ein wahrer Sprachkünstler dagegegen. Der Engländer versteht sich auf den Dialog mit dem Publikum und bringt die Menge immer wieder zum Lachen. Es ist definitiv die unterhaltsamste Show dieses Nachmittags.

Vielleicht liegt es auch an seinem Assistenten Theo, den er sich aus dem Publikum fischt. Der 11-jährige Junge macht eine wirklich gute Figur und muss so manchen Scherz auf seine Kappe nehmen. Da andy gerne mal mit dem Feuer spielt und dabei noch auf dem Seil tanzt, verkörpert Theo seinen Assistenten, der die Fackeln reicht. Als Dankeschön erhält der Bub ein Überraschungsei. Nun, da hält sich die Freude in Grenzen. Aber ich denke, das Spannendste für ihn ist sowieso der Live-Act. Zum Abschluss seines Auftritts holt sich Andy acht weitere Zuschauer aus der Menge. Er platziert jeweils vier von ihnen am Seilende. Die (Un-)Freiwilligen sollen das Seil straff halten und somit dem Artisten den Balanceakt ermöglichen. Auch hier hat Andy wieder die Lacher auf seiner Seite.

Lumino: Ring of Fire
Vom Hohen Weg geht es zum Marktplatz. Von Weitem sehen wir schon die brennenden Fakeln durch die Luft sausen. Die Muchuu Feuershow von Lumino ist von einer großen Menschenmenge umringt. Es gilt also zunächst einmal, einen guten Stehplatz zu finden. Das Duo ist bereits am Wirbeln und ich frage mich, wie sehr die beiden wohl mit ihren heißen Fackeln und den schnellen Drehbewegungen schwitzen müssen. Trotz allem wirkt ihr Lächeln so, als wäre die Vorstellung die leichteste Übung der Welt. Wie ein Feuerring wirkt die Tanzfigur, die gerade gezeigt wird. Wie ein Derwisch dreht sich die Künstlerin immer schneller um das brennende Seil, das sie umkreist, in der Höhe zu halten.

Leider haben wir die Hälfte der Show verpasst, weil Andy überzogen hat. Aber naja. Wir haben zumindest einen Eindruck gewonnen und der ist auf jeden Fall positiv.

Autoportante: Szenen einer Ehe
Ein Blick auf die Uhr sagt uns, dass es bereits 18:30 Uhr ist. Also schnell zur nächsten Performance. Es steht das letzte Künstlerduo auf dem Programm, dass wir uns für heute ausgesucht haben. Die Compagnia Autoportante mit ihrem Programm „Fuori al naturale“ soll es sein. Vor der St. Jakobikirche hat sich bereits eine größere Menschenmenge eingefunden. Wir finden aber dennoch einen guten Platz. Auf dem Platz steht vor uns das Drahtseil, auf dem die beiden gleich „Szenen einer Ehe“ aufführen wollen. Und tatsächlich, das erfahren wir nach der Show, sind die beiden miteinander verheiratet und haben ein kleines Kind zusammen. Sind die dargebotenen Szenen also vom Alltag inspiriert? Nun eigentlich ist das relativ nebensächlich, weil es in erster Linie um die Akrobatik geht. Das Tanzen auf dem Seil verlangt absolute Konzentration und volle Körperspannung. Die beiden sind ein eingespieltes Team und trotz des angestrengten Gesichtsausdrucks wird deutlich, dass Ihnen die Darbietung auch Spaß macht.

Höhepunkte der Show sind der Spagat von Emma Edvige Ungaro, der Spreizsprung von Damián Elencwajg und der Seiltanz auf hohen Hacken. Chapeau!

Wir jedenfalls fühlten uns am heutigen Tag bestens unterhalten und hatten einen wirklich schönen Nachmittag. Und ja, das Duo Spontano hat somit recht behalten. Das macht Spaß und gute Laune. Wir freuen uns schon auf den Pflasterzauber im nächsten Jahr.

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