Highland Gathering im Peiner Stadtpark
Als wir uns am Samstag über die Nord-Süd-Brücke dem Festivalgelände im Peiner Stadtpark nähern, hören wir bereits von Weitem die würdevollen Klänge der Dudelsäcke. Da steigt schnell die romantisierte Erinnerung an den Film „Braveheart“ in mir hoch. Flashback: Frühjahr 1996 in Ägypten war das. Ein nahezu ausverkaufter Kinosaal in der Kairener Innenstadt. Der Raum ist voll mit jungen Männern. Ziemlich weit vorne sitzen zwei Frauen: das sind meine Freundin und ich. Nie werde ich das Gegröle und Jubeln der Kerle bei den Schlachtszenen vergessen. Genauso wenig wie die Filmmusik, die ich wenige Wochen später in Amman für umgerechnet 2,50 € erwarb – damals noch auf Kassette, versteht sich. Ja, in diesem Moment der Erinnerung läuft mir ein wohliger Schauer über den Rücken. Ich glaube, hier sind wir richtig.
Die Pracht der Clans
An der Kasse hat sich an diesen sonnigen Nachmittag eine kleine Schlange gebildet. Recht zügig erhalten wir unser Festivalarmband. Dann sind wir schon mittendrin. Die Töne der Sachpfeifen und Trommeln werden immer lauter. Gleich bei der ersten Pipe Band, den …, bleiben wir andächtig stehen. Noch ahnen wir nicht, dass sich insgesamt 17 Dudelsack-Formationen im Stadtpark versammelt haben. Der Wettbewerb zwischen den Musikgruppen hat bereits am Vormittag begonnen und wird gegen 17:30 Uhr in der Pokalübergabe kulminieren.
Neben den Musikern ist der Festplatz gut mit Zelten, Foodtrucks und Ständen gefüllt, die schottische Devotionalien feilbieten. Mir fallen die Informationsstände der Clans ins Auge. Wir haben bereits wahrgenommen, dass die Pipe Bands verschieden farbige Kilts tragen, die auch unterschiedliche Muster haben. Am Stand von den Mackenzie’s erfahren wir, dass der Clan Tartan eine spezielle Abfolge von Farben bzw. Farbtönen ist.
Bonnie Prince Charlie – der Hoffnungsträger
Die Roll-ups, die der Clan der Information halber aufgestellt hat, ziehen mich gleich in ihren Bann. Und da kommt er doch noch, mein Braveheart-Moment. Es geht um die blutige Schlacht von Culloden 1746 und den „schönen“ Charles Edward Stuart, seines Zeichens Hoffnungsträger der schottischen Clanchefs gegenüber der englischen Krone. In Rom geboren und mit der Abenteuerlust im Herzen erreicht Bonnie (der Schöne) Prince Charlie 1745 die schottische Westküste. Der aufgrund seines guten Aussehens zum Frauenhelden avancierte Jüngling nimmt mit seinem Heer zunächst die Städte Manchester und Lancaster ein. Dann jedoch bricht er auf Drängen der Clanchefs den Vorstoß auf London ab. Das Blatt wendet sich, als es den Engländern gelingt, eine neue schlagkräftige Armee aufzustellen und die Schotten auf dem Schlachtfeld von Culloden am 16. April 1746 vernichtend zu schlagen.
Bonnie Prince Charlie kann entkommen. Eine monatelange Odyssee durch das westliche Hochland beginnt. Es ist die Begegnung mit Flora McDonald, die ihm das Leben rettet. Als Frau verkleidet flieht Charles Edward nach Frankreich. Von dort kehrt er nach Rom zurück und haucht dort als Alkoholiker sein Leben im Jahre 1788 aus.
Der Aufmarsch der Pipe Bands
Nach so viel Kultur und Abenteuer brauchen wir eine Pause. Burkhard stärkt sich mit einer Bratwurst, ich genieße auf einer Bank die warmen Sonnenstrahlen. Während wir die vorbeiflanierenden Besucher beobachten und über schottisches Kulturgut philosophieren, werden wir langsam träge. Gegen 17 Uhr jedoch bewegen wir uns in Richtung Hauptbühne, hier soll die Preisverleihung an die besten Pipe Bands stattfinden. Und wir kommen fast zu spät. Die Plätze um die Absperrung sind bereits so gut besucht, dass wir zunächst keine Chance auf eine guten Sichtplatz haben. Nach und nach tasten wir uns aber heran und als der Aufmarsch aller Pipe Band für die Preisverleihung beginnt, stehen wir in der ersten Reihe.
Einen Wermutstropfen müssen wir schlucken: Leider haben die Veranstalter lediglich Mikrofone auf der Bühne verankert, sodass am anderen Ende des eingezäunten Geländes lediglich Wortfetzen ankommen. Aber egal: Die Parade der 17 Dudelsack-Gruppen ist wirklich beeindruckend und einer der schönsten Momente der Veranstaltung.
Eine Whisky-Verkostung zum guten Abschluss
Nach einer Stunde sind die Pokale verteilt, die Salven abgeschossen und die Fotos gemacht und die Videos abgedreht. Jetzt ist es Zeit für unseren letzten Punkt auf der Tagesagenda: Das Whisky-Tasting. Erwartungsgemäß ist der Stand mit den leckeren Tropfen gut besucht. Wir entscheiden uns für einen 12 Jahre alten Knockando, einen milden Single Malt Scotch Whisky. Gut, dass ich einen echten Whisky-Kenner an meiner Seite habe, sonst wäre ich bei der großen Auswahl verloren gewesen. Erst wärmen uns die letzten Sonnenstrahlen von außen – den Rest besorgt der bronzefarbene Schluck von innen. Slàinte Mhath: So sagt man Prost auf Schottisch.