Angelika Soluk: Stille Streifzüge
Meine erste Vernissage in diesem Jahr! Oh was habe ich mich über die Ankündigung gefreut, auf die wir am letzten Samstag bei unserem Kunststreifzug durch Braunschweig aufmerksam wurden. Die Künstlerin Angelika Soluk stellt seit Freitag ihre Fotografien von „Lost Places“ in der Stadtbibibliothek Salzgitter aus. Und wir sind bei der Vernissage live dabei! Kunst, Sekt und Knabberzeug inklusive, dafür fahren wir auch mal nach Salzgitter-Lebenstedt!
Dolce Vita in der Créteilpassage
Es ist Freitagnachmittag. Wir erreichen Salzgitter-Lebenstedt mit dem Zug. Vom Bahnhof geht es durch die Stadtpassage und die Fußgängerzone Richtung Stadtbibliothek. Wir haben noch etwas Zeit. Plötzlich hören wir Livemusik, die aus der Créteilpassage kommt. Den Gassenhauer „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“ erkennen wir natürlich sofort. Da rücken wir gleich mal etwas näher heran. Wir sehen begeisterte Gesichter. Ein hocherfreutes älteres Publikum, das den selbstsicheren Sänger der Schnulze anhimmelt. Hier wird schnell deutlich: Alle sehnen sich nach etwas Fröhlichkeit, Abwechslung und Leichtigkeit.
Der verschollene zweite Bürgermeister
Wir haben noch ein kurzes Stück bis zur Bibliothek. Gott sei Dank, denn gerade als wir ankommen geht ein Wolkenbruch hernieder. Schnell huschen wir in die „gute Stube“ und gehen in den zweiten Stock. Die Bilder der Künstlerin Angelika Soluk erwarten uns bereits. Bis zur Eröffnung der Fotoausstellung ist noch etwas Zeit. Wir schauen uns also schon einmal um, verschaffen uns einen ersten Eindruck.
Pünktlich um 17:30 Uhr geht es mit einer Eröffnungsrede der Bibliotheksleiterin Sylvia Fiedler los. Schnell findet sie ein paar einführende Worte. Kurzes Erstaunen erzielt sie mit der Nachricht, dass zur Einführung der zweite Bürgermeister Salzgitters (Marcel Bürger?) erwartet wurde aber nun „verschollen“ sei. Nach Sekunden der Irritation macht Fiedler souverän weiter und übergibt an die Künstlerin. Soluk erzählt ein wenig über sich und ihre Motivation, sogenannte „Lost Places“ zu besuchen und abzulichten. „Ich erzähle gerne Geschichten“ lässt sie uns wissen. „Ich liebe alte Räume, die erzählen manchmal etwas. Diese Räume wirken wie Theaterkulissen und erzählen ihre eigenen Geschichten.“
Stille Streifzüge
Die Fotos ihrer Ausstellung „Stille Streifzüge“ sind im Harz und in Niedersachsen entstanden. Ihr Markenzeichen sei ein roter Goldfisch, den sie vor Ort liegen lasse als Zeichen gegen den Vandalismus, den sie an vielen Lost Places beobachtet habe. Wie sie zu ihren Motiven komme? „Ich tausche Fotos gegen Schlüssel“ sagt Soluk. Das heißt, sie bittet die jeweiligen Besitzer um die Gebäudeschlüssel und schenkt ihnen dafür einen Abzug der entstandenen Aufnahmen. Ein guter Tausch, denke ich. Mit den Worten „Ich lade Sie ein, Ihr Kopfkino einzuschalten“ entlässt uns Soluk in die Ausstellung.
Die verlassene Bibliothek
Angelika Soluk begleitet uns durch die Ausstellung und beantwortet gerne Fragen zu ihren Arbeiten. Besonders faszinierend finden wir das Foto einer verlassenen Bibliothek samt der dazugehörigen Geschichte. Sie erzählt dem Publikum, dass das Haus mit der Büchersammlung so gewirkt hätte, als ob der Besitzer eben erst das Haus verlassen hätte. Im Badezimmer hätte sogar noch eine elektrische Zahnbürste gestanden, in den Kleiderschränken hing die Garderobe und die Regale wären immer noch voll mit Büchern gewesen. Hier springt mein Kopfkino sofort an und ich frage mich, warum verlässt jemand so panikartig sein Zuhause und nimmt nichts mit? Ist er auf der Flucht vor jemandem oder etwas? Oh, das wüsste ich jetzt aber gerne.
Soluk erklärt uns noch, dass sie ihre Fotografien mit der sogenannten HDR-Technik aufnimmt. Mit diesem Ansatz stellt sie sicher, dass auch Lichteinfälle auf den Bildern gut zu sehen seien, denn große Helligkeitunterschiede können die meisten Kameras nicht sauber wiedergegeben. Dann würden die Fotos überbelichtet wirken. Interessant, wieder etwas dazugelernt. Mal schauen, ob meine Kamera das auch kann.
Nach einem Glas Sekt und dem ausführlichen Rundgang durch die Ausstellung verlassen wir die Vernissage zufrieden und glücklich darüber, wieder ein Stück Kunst und Kultur in uns aufgenommen zu haben.