Entlang des Moselradwegs

Christina/ April 11, 2023/ Kultur

Der Moselradweg startet in Koblenz und führt bis nach Perl an der deutsch-französisch-luxemburgischen Grenze. Nun soll wohl der Teil zwischen Koblenz und Trier der schönste sein. Diese gut 220 km lange Strecke wollen wir in vier Tagen bewältigen. Dass wir allerdings in den ersten Tagen unterwegs mehr Rollatoren als Fahrräder sehen, das hat uns überrascht. In der letzten Märzwoche herrscht hier noch Nebensaison. Längst sind noch nicht alle Lokale geöffnet, die Straußenwirtschaften schon gar nicht. Die Ruhe kann aber auch ein Vorteil sein, denn zu dieser Zeit sind die bekannten Orte wie Bernkastel-Kues, Beilstein und Cochem noch nicht von Touristen überlaufen.

Wenn der Sattel gefriert
Als wir am letzten Montag im März Richtung Koblenz starten, erleben wir schönstes Winterwetter. Mal regnet es, aber meistens schneit es heftig. Es geht weihnachtlicher zu als im Dezember. Als wir in Koblenz-Güls unsere Unterkunft erreichen ist es schon sehr frisch draußen. Kaum zu glauben, dass wir uns morgen auf das Fahrrad schwingen wollen. Tatsächlich ist am nächsten Morgen nicht nur das Auto sondern auch der Sattel meines Drahtesels gefroren! Jedoch steigt die Sonne immer höher und lässt das Eis langsam schmelzen.

Nach dem Frühstück begeben wir uns zum kleinen Bahnhof von Koblenz-Güls und nehmen den Zug nach Trier. Hier wollen wir unsere Tour starten und von dort nach Koblenz zurückfahren. Wir haben Glück, denn am Tag zuvor haben die Öffis ganztägig gestreikt. Bei strahlendem Sonnenschein und blauen Himmel erreichen wir die angeblich älteste Stadt Deutschlands. In Trier angekommen fahren wir vom Bahnhof zur Porta Nigra und damit in die Innenstadt. Wir schieben das Rad zum Marktplatz und biegen dann rechts ab zum Trier Dom St. Petrus. Nach der Besichtigung stehen wir draußen im Schatten und frieren. Es mögen sechs Grad sein. Zeit, dass wir uns auf’s Fahrrad schwingen und ein bisschen ins Schwitzen kommen.

Mehr Rollatoren als Fahrräder
Es geht ans Eingemachte. Wir verlassen Trier und machen uns auf den Weg zum Moselradweg. Es dauert doch eine ganze Weile bis wir auch den letzten Stadtteil von Trier hinter uns gelassen haben, dann sind wir endlich am Wasser. Der erste interessante Ort aus dem Radweg ist Pfalzl. Bereits die Römer haben sich hier zur Erholung niedergelassen. Vom ehemaligen Palastbau aus 350 ist im Wesentlichen noch die Wallmauer von 1539 zu bestaunen. Leider ist der historische Ortskern einem Luftangriff in 1944 zum Opfer gefallen.

In dem Ort Longuich entdecken wir eine weitere historische Reminiszenz: die römische Villa Urbana. Dafür ist ein Abstecher vom Moselradweg notwendig, aber der lohnt sich. Oben in den Weinbergen steht die prachtvolle römische Landvilla mit Badeanlagen, Caldarium und Originalteilen der Badausstattung! Nach der Besichtigung – leider nur von außen – geht es zurück auf den Radweg. Nächste Station ist der Ort Neumagen-Drohn. Auch haben die Römer ihre Spuren hinterlassen. Wir fahren auf der Ausoniusstraße und passieren den Nachbau des berühmten Neumagener Weinschiffs, das einst das monumentale Grabmal eines reichen Händlers geziert haben soll.

Jetzt haben wir bereits einige Kilometer in den Beinen und überlegen, wo wir übernachten wollen. In Piesport versuchen wir unser Glück. Bei einem Winzerpaar fragen wir nach. Leider eröffnet die Pension erst am nächsten Tag. Über das Internet finden wir eine Unterkunft in Minheim, die nur einen Ort weiter liegt. Aus dem Weinautomaten nehmen wir uns einen Auxerrois mit. Eine seltene Rebsorte, die wir nur empfehlen können. Angekommen in Minheim geht es zum „Hotel zur Brücke„. Hier wartet Vito, der italienische Hotelbesitzer, bereits auf uns. Der ganze Komplex scheint auch noch im Winterschlaf zu sein. Wir sind aber froh, eine Unterkunft gefunden zu haben. Die Zimmer sind einfach aber sauber. Die Essens- und Getränkeauswahl ist saisonbedingt noch eingeschränkt. Wir stürzen uns hungrig auf das Essen, während Vito Stories aus seinem bewegten Leben zum besten gibt. Müde nach der ersten 60 Kilometer-Etappe fallen wir ins Bett. Tagesfazit: Auf dem Moselradweg haben wir heute mehr Rollatoren als Fahrräder gesehen.

Malerische Altstädte
Am nächsten Morgen zeigt sich der Himmel zunächst grau. Es nieselt leicht. Wir packen zusammen und verlassen das Hotel. Vito bietet derzeit kein Frühstück an, „es lohnt sich nicht für zwei Leute“, außerdem scheint er eh noch seinen Rausch vom vorherigen Abend auszuschlafen. Gegenüber vom Hotel gibt es einen Tante-Emma-Laden mit Bäckerei. Nach dem Steh-Frühstück geht es zurück an die Mosel. Es ist nicht mehr weit bis Bernkastel-Kues, dem ersten städtischen Highlight auf unserer Strecke. Hier wird es auch langsam touristischer. In den schmalen Gassen ist schon einiges los, der mittelalterliche Marktplatz ist belebt. Hier kann man auch schon draußen sitzen. Wir schauen uns ein wenig um, schieben Fahrrad und Gepäck durch die engen Straßen, entdecken das Spitzhäuschen und den Bernkasteler Doctor, den berühmtesten Wein der Stadt.

Wir wollen heute aber noch Traben-Trarbach erreichen und fahren deshalb weiter. Vorbei am Kröver Nacktarsch treten wir unverhofft ins Glück, denn nach einer Weile kommt die Sonne heraus. Das trifft sich gut, da wir auf der gegenüberliegenden Moselseite das Kloster Machern sehen. Es ist Zeit für eine Vesperpause. Gerade werden auf dem Vorplatz die Stühle und Tische aufgebaut. Hier lassen wir uns nieder. In der herrlichen Umgebung genießen wir die wenigen Sonnenminuten des Tages. Eine gutgelaunte Bedienung bringt schnell etwas zu Essen und zu Trinken. Ein schönes Örtchen zum Entspannen.

Ein lukullischer Genuss
Es geht zurück auf den Moselradweg. Immer wieder kommen wir an kleinen Orten mit schönen Fachwerkhäusern und steilen Weinhängen vorbei. Schließlich erreichen wir Traben-Trabach. Eigentlich wollten wir hier übernachten, aber so richtig gefällt uns der durch eine Moselbrücke geteilte Ort nicht. Wir entschließen uns weiterzufahren. Über eine Internetrecherche sind wir auf das Hotel „Reiler Hof“ aufmerksam geworden. Da auch hier noch Vorsaison herrscht, will uns die nette Dame vom Hotel zunächt im Gästehaus unterbringen. Allerdings hat es am morgen einen Rohrbruch gegeben, so dass die Heizung nicht geht. Kulanterweise bietet sie uns ein Hotelzimmer zum selben Preis an, was wirklich sehr großzügig ist. Die Unterkunft ist sehr schön. Auch eine Lokalempfehlung hat die Dame für uns parat. Im Weinberghotel Nalbach hat sie uns einen Tisch reserviert. Dort genießen wir einen sehr leckeren Abend mit Zander und einer absolut köstlichen Rieslingsauce. Am nächsten Morgen lassen wir uns noch das prächtige Frühstück vom Hotel schmecken. Das war eine sehr gute Entscheidung und ein toller Start in den sonnigen Tag!

Die schwarze Katze von Zell
Heute geht es Richtung Cochem. Auf dem Weg dorthin kommen wir an dem kleinen Flecken Pünderich vorbei. Direkt am Radweg fällt uns das alte Fährhaus ins Auge. Neugierig geworden durch den wunderschönen Fachwerkbau, erkunden wir die Ortsmitte. Und tatsächlich finden sich hier noch weitere Schätze wie der gräfliche Eltzer Lehnshof, das Haus Schilling oder der Zehnt- und Lehnshof St. Matthias. Fasziniert von der Schönheit des Ortes geht es weiter entlang der Mosel, bis wir die schwarze Katze von Zell erreichen. Diese steht selbstbewusst im Kreisverkehr am Ortseingang und hält einen Weinbecher hoch. Der Legende nach soll die Katze einen besonders guten Weingeschmack gehabt haben.

Tand und Kitsch in Cochem
Das nächste Highlight auf der Strecke erreichen wir mit Beilstein. Ein wirklich pittoresker Ort. Von Weitem wähnt man sich fast in Schottland, aus der Nähe dann im Mittelalter. Ich fürchte, dass der Ort in der Saison sehr überlaufen ist. Leider ist heute alles zu, sodass wir nach einer Kurzbesichtigung weiterfahren (müssen). Es ist allerdings nicht mehr weit bis nach Cochem. Kurz vor der Stadt zwingt uns das Wetter zu einer Kaffeepause. Ein heftiger Guss kommt aus den Wolken, danach strahlt aber wieder die Sonne und lässt die Reichsburg Cochem im schönsten Licht erscheinen. Aufgrund unseres Gepäcks lassen wir die Festungsmauern jedoch buchstäblich links liegen und fahren über die Moselbrücke in die Stadt. Die engen bergigen Gassen mit ihren schönen Moselschiefer gedeckten Fachwerk-Giebelhäusern sind prächtig. Leider ist die Stadt voll mit billigen Geschäften, die allerlei Tand und Plunder verkaufen, was die Freude etwas trübt.

Da das Wetter so herrlich ist und es morgen regnen soll, wollen wir noch ein bisschen weiterfahren. Bis zum Ort Müden soll es gehen. Wir haben die Hotel Pension Balthasar als Übernachtungsort erkoren, die in einem denkmalgeschützten Haus liegt.

Müde in Müden
Als wir müde in Müden ankommen, zieht sich gerade der Himmel zu. Leider ist der Hotelbesitzer noch unterwegs. Wir finden allerdings Unterschlupf in einem Hauseingang. Dann führt uns der schwerbeleibte Gastwirt in den Hotelkomplex. Das Zimmer ist klein, recht dunkel und kalt. Die Heizung scheint lange nicht entlüftet worden zu sein. Das Gurgeln des Wassers im Radiator nimmt jedenfalls kein Ende. Etwas schwierig finde ich es auch, dass sich der Wirt recht abfällig über ehemalige Gäste äußert. Einen guten Eindruck macht das nicht. Ich fühle mich hier nicht wirklich wohl, aber für eine Nacht wird es schon gehen. Das Frühstück am nächsten Tag wird in der Gastwirtschaft serviert. Auch hier darf man nur dort sitzen, wo es der Wirt möchte. Schließlich hat er Angst, dass einer von uns kleckert und er die Tischdecke (die eh schon einen Fleck hatte) waschen muss.

Am Morgen hatte es geregnet, wir aber verlassen Müden im Sonnenschein. Es sind nur noch gute 30 Kilometer bis nach Koblenz-Güls, wo unser Auto steht. An diesem Morgen kommen wir an einigen Burgen und Schlössern vorbei. Es sind Schloss Liebig, Burg Thurant und Schloss von der Leyen. Leider holen uns immer wieder so kräftige Schauer ein, dass wir uns schnell einen Unterstand suchen müssen und danach heftig in die Pedale treten, um ans Ziel zu kommen. In der Nähe von Koblenz haben wir uns für die letzten zwei Tage im Hotel Hüttenmühle in Hillscheid einquartiert.

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