Goldener Herbst in Italien!?

Christina/ November 12, 2023/ Alltagsgeschichten, Kultur

Italien ist immer eine Reise wert. Das ist fast ein Naturgesetz. Zunächst richten sich unsere Pläne auf die Toskana und Umbrien. Die Autofahrt dorthin ist jedoch für eine Woche Urlaub einfach zu lang. Über 1400 Kilometer wären für uns zu bewältigen gewesen. Kurzentschlossen entscheiden wir uns für die Lombardei und Südtirol. Ein attraktives Hotelangebot lockt uns nach Varese. Den zweiten Teil des Kurzurlaubs wollten wir am Gardasee verbringen. Bei strahlendem Sonnenschein und sehr angenehmen Temperaturen überqueren wir den wunderschönen „Passo del Lucomagno“ (Lukmanierpass). Auch wenn uns das Wetter nicht hold bleibt – La bella Italia non può essere battuta!

Das Palace Grand Hotel di Varese
Niedergelassen haben wir uns im Palace Grand Hotel Varese. Über einen Reiseveranstalter sind wir auf das Haus aufmerksam geworden. Die Unterkunft ist von einem großen, schönen Park umgeben. Allein die Auffahrt zum Hotel, die serpentinenartig anmutet, ist bereits ein Erlebnis. Das Gebäude steht auf dem Hügel Campigli. Erbaut wurde es im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Teile des Hotels wurden im 2. Weltkrieg zerstört.

Die touristische Glanzzeit des Palace Hotels lag in den 1950er und 60er Jahren. Damals zog ein Filmfestival und die Preisverleihung des Noci d’Oro Prominente aus dem Film- und Showbusiness in das Hotel. Vermutlich ist die alt-ehrwürdige, teils plüschige Einrichtung nicht jedermanns Geschmack. Mir aber gefällt es. Das Hotel ist sehr sauber, das Personal sehr freundlich. Alles hat Stil. Unser Zimmer im vierten Stock hat einen tollen Ausblick auf den Lago di Varese und die Altstadt. Die Aussicht auf die Berge oder den Morgennebel über dem Varese-See ist einfach wunderschön.

Besonders gut hat uns die Bar gefallen. Die sieht genauso aus, wie ich mir eine Bar vorstelle: Tresen, gut gelaunter Barkeeper, bequeme Sessel, gechilltes Publikum. Was ich besonders an Italien liebe, dass ist die Zeit des Aperitifs. Die wird hier noch zelebriert. Zum Apérol Spritz – oder auch jedem anderen Getränk – werden kleine „Leckerlis“ gereicht. Eine fantastische Tradition – meine Meinung.

Sacro Monte di Varese
Vor dem Start unserer Reise habe ich mich mit einschlägiger Literatur eingedeckt. Ein Wanderführer gehört immer dazu. Schnell erfahre ich also, dass der Sacro Monte in der Nähe von Varese nicht nur landschaftlich, sondern auch kulturell ein Highlight ist.

Nachdem herrlichen Wetter am Anreisetag begrüßt uns der Sonntag leider mit einem grauen Himmel und schweren Wolken. Gleich am Fuße des Heiligen Berges fängt es an zu regnen – erst gemächlich, dann immer kräftiger. Mit einem Schirm bewaffnet treten wir dennoch den Prozessionsweg zum Sacro Monte an, dieser ist mit 14 Kapellen und einem Museum gesäumt. Wir haben immer noch die Hoffnung, dass der Niederschlag vielleicht doch noch aufhört – den Gefallen tut er uns aber nicht. Da auch die Temperaturen nachgegeben haben, wird unser immer klammer je höher wir den Berg hinaufkraxeln. Fast oben angekommen sind wir so weit, dass wir den Aufzug wählen für die letzten Meter zur Wallfahrtskirche, Santa Maria del Monte ist ihr Name. Im Grunde genommen ein Frevel. Wir ahnen, dass wir von hier oben eigentlich einen fantastischen Ausblick auf die Umgebung hätten – eigentlich.

Angekommen in der Kirche wärmen wir uns ein wenig auf und lassen den imposanten Sakralbau auf uns wirken. Wir nehmen auch ein Stück der Heiligen Messe in uns auf. Zurück aus der Kirche hat der Regen etwas nachgelassen. Nach einem Blick zum Himmel entschließen wir uns aber, den geordneten Rückweg anzutreten. In meinem Herzen weiß ich, dass ich den Sacro Monte nochmals im Sonnenschein begehen möchte.

Im Rausch der Motoren
Zurück im Hotel stellen wir uns die bange Frage, was wir mit dem restlichen Tag anfangen wollen. Der Regen hört nicht auf und nur im Hotel „abzuhängen“, erscheint uns keine Alternative zu sein. Holger hat eine Idee. Er schlägt eine Fahrt zum Alfa Romeo Museum in Arese vor. Ich bin kein besonders autobegeisterter Mensch, aber einen Versuch ist es wert. Über die Landstraße tuckern wir Richtung Mailand zum Museo Storico Alfa Romeo, wie es offiziell heißt. Die ehemalige Fabrik des Autobauers steht in einem nichtssagenden Industriegebiet. Sobald man aber das Gebäude betritt wecken die Motorengeräusche erste Emotionen. Der Museumsrundgang führt uns durch die wechselvolle (Autorennen-)Geschichte von Alfa Romeo.

Nach einer Weile hat auch mich die Begeisterung für die eleganten Rennwagen und die dazugehörige Historie erfasst. Hintergrundmusik und geschickte Farbenspiele sind so arrangiert, dass selbst die nüchternsten Besucher emotionalisiert werden. Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich also in jedem Fall – besonders an einem Regentag. Als wir das Gelände wieder verlassen, sind wir sehr erstaunt, dass sich auf der Gegenfahrbahn ein riesiger Stau gebildet hat. Die Autos wollen alle ins „Centro Commerciale“, einem überdimensionalen Einkaufszentrum. Offensichtlich handelt es sich hierbei um das Sonntagnachmittagsvergnügen der Italiener, wenn das Wetter mal nicht mitspielt. Nun ja, jedem das Seine („Ognuno ha il proprio gusto“). Da wir auf der Rückfahrt kein einladendes Café entdecken können, fahren wir ins Palace zurück und schließen den Tag bei einem Aperitif in der Hotelbar ab.

Mailand: Zwischen Luxus und Touristenschwemme
Der nächste Tag begrüßt uns ebenfalls mit Regen. Da bietet sich ein weiterer Museumsbesuch an in Kombination mit einer Stippvisite nach Mailand. Der Holzmöbelhersteller „Riva 1920“ hat sich in der Nähe der lombardischen Hauptstadt niedergelassen, bei Cantù. Neben einem Showroom gibt es das „Museum of Wood“ zu besichtigen. Die Musterschau von Riva 1920 ist schon wirklich toll. Ich kann mich sehr für italienisches Design begeistern und besonders für die Einrichtungsideen. Dahinter können sich viele deutsche Möbelhäuser nur verstecken. Für jede modebegeisterte Frau wird der begehbare Kleiderschrank der Höhepunkt sein. Ein Träumchen aus hellem Holz für die Frau und in einer etwas dunkleren Schattierung für den Mann.

So beseelt geht es dann weiter in die Innenstadt von Mailand. Jetzt will ich auch mal shoppen. Der Reiseführer empfiehlt uns das DMAG Outlet, angeblich eines der besten von Mailand und der der Welt überhaupt. Das Parken in Italiens Innenstädten ist allerdings eine echte Herausforderung. Wir finden jedoch in der Nähe tatsächlich ein Parkhaus. Und das funktioniert hier folgendermaßen: Man parkt sein Auto nicht selbst ein. An der Einfahrt wird man von einem Mitarbeiter empfangen, der übernimmt das Parken. Später holt man das Auto wieder ab. Dazu fährt der Mitarbeiter in die untere Etage. Das Auto wird dann automatisch über eine Hebebühne von dort nach oben gehieft. Faszinierend.

Also voller Vorfreude begeben wir uns zum vermeintlichen Fashiontempel. Nachdem wir den unscheinbaren Laden gefunden haben, kann ich nur sagen: spart euch den Weg. In dem Geschäft herrscht das absolute Chaos. Die Ware ist wahl- und lieblos in die Regale gestopft. Das Ganze wirkt – bis auf die Preise – ramschig. Bereits nach zwei Minuten ist mir absolut die Lust vergangen, mich durch die Kleiderhaufen zu wühlen. Wir ziehen weiter zum Corso Vittorio Emanuele II, auf dem sich die Luxusgeschäfte und leider auch die Touristen tummeln. Da es immer noch munter weiterregnet retten wir uns in das Kaufhaus Rinascente Duomo. Hier sind alle Luxusmarken an einem Platz vereint. Es ist buchstäblich die Hölle los. Ich vermisse die Corona-Zeiten als man sich völlig unbehelligt Dingen widmen konnte.

Jetzt, wo die Billigflieger wieder die Massen in die Städte fliegen, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Jetzt geht es wieder darum, sich selbst und den ergatterten Luxus möglichst fotogen auf Instagram, TikTok oder sonst wo darzustellen. Man mag das mögen, mir gefällt es nicht. Die Preise sind mir zu hoch, die Muster, Stoffe und Schnitte zu überkandidelt und ich frage mich auch, wo ich diese abgehobenen Klamotten letztendlich tragen soll. Wir verlassen also auch das Rinascente und sind wieder im Stadtzentrum. Vor allen interessanten und historischen Einrichtungen stehen Menschenschlangen. Ich brauche jetzt erstmal ein Heißgetränk. Der Reiseführer behauptet, das Café Trussardi serviere einen sehr guten Kaffee. Das tut es wirklich. Der Café Americano ist sehr lecker. Ich gönne mir einen Baileys auf Eis dazu. Das entspannt. Unserer Meinung nach haben wir für heute genug Großstadtluft geschnuppert. Wir fahren zurück nach Varese in unser Palace Hotel und lassen den Tag, na bei was schon, richtig, einem Aperitif ausklingen.

Eine Wanderung am See
Am nächsten Tag sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Es deutet sich an, dass der Tag sonnig wird. Zeit für einen Ausflug. Es soll ans Wasser gehen. Präziser gesagt, an einen der umliegenden Seen. Wir entscheiden uns für den Lago Varese und den Lago di Comabbio. Beide Seen liegen westlich von Varese. Der Rundweg, der weitestgehend einem Radweg folgt, führt uns durch ein Waldstück zum Parco di Corgeno. Auf einer Bank lassen wir uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Die Einflugschneise vom Mailänder Flughafen Malpensa scheint nicht weit zu sein. Gefühlt im zwei Minuten Takt fliegen die Maschinen von Ryan Air und EasyJet über unsere Köpfe.

Zurück am Ausgangspunkt ist meine Stunde gekommen. Diesen herrlichen Tag müssen wir für einen zweiten Anlauf auf den Sacro Monte nutzen. Der Aufstieg ist absolut überwältigend. Die Farben der Kapellen leuchten im warmen Licht der Nachmittagssonne. Die Ausblicke auf Varese bis nach Mailand und in die Dolomiten sind atemberaubend. Ich kann mich kaum von den Blicken lösen, mein Herz öffnet sich und ich bin einfach dankbar dafür, hier sein zu dürfen. Diese Zeit auf dem Sacro Monte ist Balsam für meine Seele. Weiter oben auf dem Hügel schauen wir uns den Sonnenuntergang an. Was für ein wundervoller, stiller und absolut friedlicher Augenblick. In meinen Augen ein Geschenk. Es fällt mir schwer, diesen wundervollen Ort zu verlassen.

Am darauffolgenden Tag verabschieden wir uns von der Lombardei und fahren weiter zum Gardasee. Der Ort Riva del Garda ist unser Ziel, das wir Mittags erreichen. Leider ist der Himmel an diesem Tag bedeckt, sodass die Farbe des Gardasees eher grau als blau ist. Da unser Hotelzimmer noch nicht zur Verfügung steht, vertreten wir uns zunächst ein wenig die Beine. Auch zu dieser Jahreszeit ist diese Ecke Norditaliens noch sehr beliebt und belebt. Am frühen Nachmittag schwingen wir uns auf unsere Fahrräder und radeln in Richtung Arco. Der Radweg führt entlang des Flusses Sarca, der durch die vielen Regenfälle der letzten Wochen gut gefüllt ist. Das charmante Kurstädtchen haben wir noch von unserem letzten Besuch in 2006 (!) in guter Erinnerung.

Obwohl der 1. November in Italien ein Feiertag ist, sind viele Geschäfte in Arco geöffnet. Dominiert wird der Ort von Outdoor-Geschäften. Hier wird dem Besucher schnell deutlich, dass die Region sehr sportlich geprägt ist: Über Radsport, Wandern, Wassersport und Klettern ist alles vertreten, was das Athletenherz begehrt. Leider beginnt es während unseres Bummels zu regnen, sodass wir den Rückweg nach Riva del Garda antreten.

Ein Besuch in Trient
Am nächsten Tag zieht ein ordentliches Regengebiet über Norditalien hinweg. An sportliche Betätigung an der frischen Luft ist leider nicht zu denken. Was nun? Ein Blick ins Internet macht mich auf die Stadt Trient (italienisch Trento) aufmerksam. Zum einen soll die Innenstadt sehr schön sein, zum anderen gibt es hier ein sehr interessantes technischen Museum und eine Burg zu besichtigen. Also auf nach Trento. Vor Ort haben wir mit zwei Problemen zu kämpfen: Einerseits regnet es in Strömen, andererseits ist es fast unmöglich, einen Parkplatz zu finden. Wir scheinen bei Weitem nicht die einzigen zu sein, die diesen Regentag in der norditalienischen Stadt verbringen wollen. Da es aufgrund des anhaltenden Niederschlags keinen Sinn macht, sich im Stadtzentrum aufzuhalten, versuchen wir unser Glück im MUSE. Auch hier müssen wir nach einer halben Stunde der Parkplatzsuche die Segel streichen. Beide Parkhäuser, die zum Museum gehören, sind voll. Alle Außenplätze in der Nähe machen keinen Sinn, weil das Parken entweder nur für 15 Minuten erlaubt ist oder einfach nichts mehr frei ist.

Wir geben Trient noch eine letzte Chance und versuchen es am Castello del Buonconsiglio. Auch hier benötigen wir eine ganze Weile, um unser Auto gesetzeskonform abstellen zu können. Aber schließlich ist es uns vergönnt, der Festung einen Besuch abzustatten. Und der lohnt sich wirklich. Jeder Fan von Trutzburgen – so wie ich einer bin – kommt hier auf seine Kosten. Ich empfehle auf jeden Fall den Besuch des Adlerturms (Torre dell’Aquila). Der kostet zwar zusätzlich zwei Euro, aber die sind gut investiert. Die Wände des Turms sind mit einem Kalenderzyklus („Ciclo die Mesi“) bemalt. Ein wirklich beeindruckendes Werk der Gotik. Mit Hilfe eines Audio Guides wird man bestens in die damalige Zeit eingeführt.

Auf dem Rückweg kehren wir noch in eine der zahlreichen „Speckbuden“ am Wegesrand ein. Hier gibt es alles: Von Wurst- und Käsewaren über Olivenöl bis Wein. Wir widerstehen jedoch der Versuchung, etwas zu kaufen und bleiben bei einem Café Americano an der Theke. So haben wir aber auch aus diesem Regentag noch das Beste gemacht.

Wenn die Sonne am Gardasee scheint
Der Wetterbericht für unseren vorletzten Tag verspricht eine Wetterverbesserung für den Nachmittag. Mutig wie wir sind, fahren wir entlang der Gardesana Orientale nach Bardolino in der irrigen Annahme, dass es hier im südlichen Teil des Sees besseres Wetter gibt. Leider tut uns das Wetter aber nicht den Gefallen. Was also tun? Ein Blick in den Reiseführer lässt uns wissen, dass es ganz in der Nähe das größte Shopping-Center am See gebe: das Grand’Affi. Na gut, denken wir, da ist es wenigstens trocken. Tatsächlich ist der Parkplatz auch gut gefüllt. Allerdings benötigen wir nur ganze fünf Minuten, um festzustellen, dass das Einkaufszentrum selbst bei Regen keine Alternative ist. Wir geben also die Hoffnung, dass sich das Wetter noch bessern muss, nicht auf und fahren zurück nach Bardolino. Bei einem Spaziergang am Seeufer sind wir überrascht, wie hoch das Wasser im See steht und durch den Wind immer wieder über die Ränder tritt. Man könnte fast von einer tobenden See sprechen. Allerdings sehen wir, dass es von der anderen Seite langsam aber sicher aufklart und sich der blaue Himmel zu uns hinüberschiebt.

Dann kämpfen sich, zunächst zaghaft und dann immer stärker, die Sonnenstrahlen durch den grauen Himmel. Jetzt endlich bekommt der Gardasee die schöne blaue Farbe, mit dem ich das Gewässer verbinde. Es ist unglaublich, innerhalb von wenigen Minuten ändert sich das ganze Landschaftsbild. Der See glitzert, der Himmel streift sein graues Kleid ab und die Wirtsleute bauen ihre Tische im Freien auf. Von Bardolino fahren wir ein Stückchen weiter in den Ort Lazise. Hier zeigt sich gleich ein ganz anderes Bild. War es in Bardolino noch problemlos möglich, im Regen einen Parkplatz zu bekommen, beginnt ein paar Kilometer weiter sofort wieder die Suche. Aber wir werden fündig und das sogar in der Nähe der Promenade. Und hier geht uns das Herz richtig auf. Der Hafen von Lazise ist der „Place-to-be“, das wird schnell klar. Der Ort mit seiner gut erhaltenen Stadtmauer und den drei Toren ist aber auch wirklich schön. Mich hat die Altstadt am See direkt an Venedig erinnert.

Schnell haben wir den Regen und das Grau der letzten Tage angesichts der herrlichen Aussichten vergessen. Jetzt fehlt nur noch eines zu unserem Glück: ein ordentlicher Sundowner. Hier fällt unsere Wahl auf den Ort Garda. Und daran ist allein der Reiseführer Schuld: „Berühmt ist der Sonnenuntergang von Garda, der den See in ein funkelndes Goldmeer verwandelt“. Ja, das stimmt. Wir finden einen sehr schönen Platz in der ersten Reihe direkt am See zur rechten Zeit. Bei einem Apérol Spritz lassen wir die Sonne, nein nicht bei Capri, aber bei Garda im Meer versinken. Ein Traum! Es ist unbeschreiblich, in welch herrliches Licht die Sonne die Häuser und die Promenade taucht. Das müsst ihr selbst sehen.

Nachdem die Sonne untergegangen ist, wird es allerdings sehr schnell frisch, sodass wir zügig den Rückweg antreten.

Die Schauderterrasse von Pieve
An unserem letzten Tag am Gardasee, der zufällig auch mein Geburtstag ist, wachen wir bei herrlichem Sonnenschein auf. Heute ist der Tag, an dem ich meine Wanderung durch die Hochebene von Tremosine machen möchte. An meinem Ehrentag möchte ich unbedingt einen Prosecco auf der berühmten Schauderterrasse (terrazza del brivido) des Hotel Paradiso trinken.

So schrauben wir uns vom See hoch nach Pieve, so heißt unser Ausgangspunkt an diesem Tag. Meine Begeisterung wächst mit jedem Meter, den wir höher steigen. Die Ausblicke über den See und die hügelige Landschaft sind atemberaubend. Diese Ruhe, der See zu unseren Füßen und die majestätischen Berge gegenüber faszinieren uns. Zum Niederknien. Diesen (Augen-)Blick möchte ich gerne festhalten. Wie gerne wäre ich jetzt ein Adler oder Falke, um über den See auf den Monte Baldo zu fliegen. Wieder erlebe ich einen Moment des Hochgefühls und des inneren Friedens in meinen geliebten Bergen. Die Wanderstrecke führt über idyllische Höfe, Kuhweiden, Olivenhaine und durch den Wald. Wir kommen aus dem Staunen kaum wieder heraus.

Ein knochiger Hintern am Wegesrand
Auf dem Rückweg nach Pieve haben wir allerdings noch ein Erlebnis der besonderen Art. Als wir bei Sompriezzo wieder in den Wald eintauchen, bekomme ich nach einer Kurve einen Schreck. Mein Blick fällt – ungewollt – direkt auf den knochigen, blanken Hintern eines Mannes, der gerade seine dünnen Stelzen beugt, um, naja, sein Geschäft zu verrichten. So wackelig und abgehalftert, wie er dasteht, bin ich mir nicht sicher, ob diese Person ein Penner oder betrunken ist oder möglicherweise beides. Ich finde es zudem befremdlich, dass er eine Stelle des Weges gewählt hat, die sehr gut einsehbar ist und wirklich nichts verbirgt. Wie warten ein paar Minuten in der Hoffnung, dass er fertig wird. Schließlich gehen wir weiter und der Mann steht dort immer noch in aller Seelenruhe halb nackig am Weg. Alleine hätte ich mich niemals an ihm vorbei getraut. Als wir die Stelle schließlich passieren, scheint der Mann auch nicht im Geringsten peinlich berührt zu sein. Ich finde die Szene schon sehr skurril und bin froh, als wir den Zwischenfall hinter uns lassen.

Wieder in Pieve erwartet mich leider eine große Enttäuschung. Das Hotel Paradiso und somit die Schauderterrasse sind bis Ende März geschlossen. Oh je. Diesen Tiefschlag muss ich also hinnehmen. So entscheiden wir uns für ein Getränk in der Sailing Bar in Riva del Garda. Die schöne Lage am Jachthafen von Porto San Nicolò entschädigt ein wenig für das verpasste Schaudergefühl. Der kulinarische Höhepunkt des Tages ist aber sicherlich unser Abendessen im Restaurant „Al Volt“. Sowohl die Einrichtung als auch der Service und natürlich das Essen sind sensationell. Ich wähle das Degustationsmenü mit Fisch aus dem See, Holger die Fleischvariante. Es ist ein Gedicht. Das Früchtesorbet zum Abschluss haut uns vollends aus den Socken. Das Sorbet befindet sich jeweils in einer Frucht (Mandarine, Banane, Pflaume etc.) und gibt geschmacklich den Obstwirt wieder. Ich habe noch nie in meinem Leben so ein gutes Sorbet gegessen. Zum Abschluss bestelle ich mir noch einen Espresso. Dazu wird nochmals selbstgebackener Schokoladenkuchen gereicht. Obwohl wir bereits mehr als satt sind, können wir nicht widerstehen. Eine zweite Portion lehnen wir jedoch dankend ab.

Am Sonntag heißt es dann leider Abschied nehmen vom Gardasee. Wir werden von einem azurblauen und freien Blick auf die Berge verabschiedet. Über den Brenner wollen wir Italien in Richtung Tirol verlassen – oder besser: müssen es. Bei Brenzano stockt uns kurzfristig der Atem als im Radio verkündet wird, dass es letzte Nacht geschneit hätte. Und tatsächlich, die Landschaft wird langsam aber sicher weißer um uns herum. Auf dem Brennerpass selbst, ist die Sicht sehr schlecht. Es geht aber alles gut. Und so kommen wir nach 12 Stunden Fahrt – zum Glück ohne Stau! – wieder sicher in unserer Heimatstadt an. Wieder einmal sind wir von Bella Italia begeistert.

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