Hanskühnenburg: Wandern im Paradies
Der Winter lässt in diesem Jahr nicht locker. Auch Mitte März sind die Temperaturen einstellig und der Schnee fällt noch bis in die Niederungen. Während die weiße Pracht in der Stadt maximal über Nacht liegen bleibt, lockt der Harz wieder mit dem Bild eines Winterwonderlands. Naturgemäß scheiden Brocken und Wurmberg für einen Besuch am Wochenende aus. Es sei denn, man liebt Massenevents. Aber zum Glück gibt es ja noch andere lohnende Ziele, wie zum Beispiel eine Wanderung von Sieber zur Hanskühnenburg. Und wenn dann noch die Sonne auf den frischgefallenen Pulverschnee fällt, ja dann ist das Glück perfekt!
Wenn die Sohlen streiken
Da wir erst mittags starten wählen wir den kürzesten, aber auch recht steilen Weg zur Hanskühnenburg. Ausgangspunkt ist der Ort Sieber. Auf dem Weg zum Tourenstart versichern wir uns bei einem Einheimischen, ob wir auf der richtigen Spur sind. Der Herr versichert uns, dass wir richtig sind. Gleichzeitig weist er uns darauf hin, dass der Weg schon recht steil sei. „Und dann wollen Sie oben übernachten?“ fragt er uns. Wir sagen ihm, dass wir heute hin und zurück gehen wollen. Er mustert uns skeptisch. Hält er uns für unsportliche Städter? Erst als wir ihm erzählen, dass wir schon öfter auf der Hanskühnenburg waren, gibt er sich zufrieden und wünscht uns einen schönen Tag.
Die Strecke zur Burg startet recht steil. Die Sonne scheint vom Himmel und lässt den Schnee auf den Bäumen schmelzen. Von den Ästen tropft es auf unsere Köpfe. Als wir nach ca. 500 Metern auf einer Asphaltstraße kurz durchatmen merkt Burkhard, dass mit seinen Schuhen etwas nicht stimmt. Ein Blick auf dieselbigen bestätigt seine Ahnung. Die Sohlen lösen sich bei beiden Schuhen ab! Wir lernen, auch Sohlen können streiken. Vermutlich ist das Material in den Jahren spröde geworden. Tja, da hilft alles nichts, wir müssen nochmlas zurück zum Auto und die Schuhe wechseln.
Was bin ich?
Zehn Minuten später sind wir wieder auf dem Weg. Der erste Teil des Harzer Bauden Steigs ist zugleich ein Naturerlebnispfad. Holzkästen mit der Aufschrift „Was bin ich?“ begleiten unseren Weg. Als 80er-Jahre Kind fällt mir sogleich Robert Lembke mit seiner gleichnamigen Sendung und dem allseits beliebten Spruch: „Welches Schweinderl hätten Sie denn gern?“ ein.
Es geht weiter steil bergauf. Je höher wir steigen, desto geschlossener und höher ist die Schneedecke. Es knirscht bei jedem Schritt. Die Natur wird immer unberührter. Es können nur wenige Menschen vor uns hier oben gewesen sein. 2,5 km vor unserem Ziel kommt die große Herausforderung: der Tiefschnee. Wir bewegen uns in der sagenumworbenen Bergwildnis des Harzes.
Durch den Tiefschnee
Wir schätzen, dass der Schnee hier ca. 30 – 40 Zentimeter hoch ist. Es gibt nur eine schmale Fußspur, der wir folgen. Rechts und links liegt der unberührte Schnee, ab und zu ist das Rauschen der Sieber zu hören. Wir kämpfen uns durch den Tiefschnee vor. Jeder Schritt ist anstrengend. Wir rücken langsam vor und schwitzen ziemlich in der warmen Märzsonne. Es geht weiterhin bergauf. Unser Ziel haben wir fest vor Augen. Auf dem letzten Abschnitt der Tiefschneestrecke kommen uns drei Wanderer entgegen. Tatsächlich sind es die drei, die uns die Wanderspur vorgegeben haben.
Die letzten Höhenmeter zur Burg sind besonders anstrengend. Erstens sind wir vom Aufstieg schon etwas müde und zudem ist der Weg an dieser Stelle durch die vielen Langläufer, die vom Stieglietzeck kommen, recht ausgetreten und rutschig. Endlich ist die Burg in Sicht. Es ist 15:15 Uhr, um 16 Uhr schließt die Hanskühnenburg. Am Eingang steht die Pächterin und macht eine Raucherpause. „Es ist aber fast nichts mehr zu Essen da“, lässt sie uns auf die Frage wissen, ob wir reinkommen dürfen. Kein Problem, wir freuen uns in erster Linie auf ein kühles Getränk und möchten unsere müden Beine etwas ausruhen.
Drinnen sind fast alle Tische besetzt. Aber einer ist noch frei. Die meisten Gäste sind Langläufer:innen, das sehen wir an den Schuhen. In der guten Stube ist der Kamin an, hier haben einige Restaurantbesucher ihre nassen Sachen zum Trocknen aufgehängt. In dem gemütlichen Raum müffelt es ein wenig, da Essensgerüche und Schweißausdünstungen zusammentreffen. Trotzdem, wir freuen uns über die Pause und sammeln neue Kräfte für den Rückweg. Zum Glück ist es mittlerweile bis 18 Uhr hell, sodass wir uns nicht hetzen müssen.
Kurz nach 16 Uhr machen wir uns auf den Heimweg. Jetzt geht es nur noch für uns bergab. Herrlich, wie einfach es plötzlich auch durch den Tiefschnee geht. Begleitet von den letzten Sonnenstrahlen erreichen wir gut eine Stunde später unseren Ausgangspunkt in Sieber. Was für ein toller Tag – vielleicht der letzte in diesem Märzwinter.