Hexenwahn in Wolfenbüttel
Seit unserer Kindheit faszinieren sie uns: Hexen. Ob reitend auf einem Besenstiel als „Kleine Hexe“ von Otfried Preußler oder in der Kleidung einer Haremsdame als „Bezaubernde Jeannie“ aus dem amerikanischen Fernsehen sind sie aus unserer Fantasiewelt nicht wegzudenken. Wie schnell man jedoch als Frau als „böse Hexe“ denunziert werden und schließlich auf dem Scheiterhaufen landen kann, zeigt das Schicksal von Esmeralda in dem Film „Der Glöckner von Notre Dame“. Aber nicht nur im Kino sondern auch in der Realität des Mittelalters und in der Neuzeit enden Bloßstellungen im Feuer. Von derartigen Schicksalen und ihren Verläufen erzählen die Ausstellungsstücke im Museum Wolfenbüttel.
Verdächtig ist jeder
Im Mittelalter sowieso aber auch in der Neuzeit kann jeder der Hexerei verdächtig werden, sogar Kinder. Tatsächlich verhält es sich aber so, dass überproportional viele Frauen der schwarzen Magie bezichtigt werden, meist aus unteren Schichten stammend. Nur in 15 % der europäischen Hexenprozesse werden Männer verurteilt. Die vermeintlichen Schwarzkünstlerinnen werden oftmals aus Unwissenheit und Aberglaube heraus für Krisen verantwortlich gemacht, die man sich anders nicht erklären kann. Solche Ereignisse können Krieg, Hungersnöte oder auch eine hohe Säuglingssterblichkeit sein. Besonders irritierend ist die Tatsache, dass die Denunzianten oftmals aus dem eigenen Umfeld stammen, Familienangehörige oder Freunde sind. Merkmale wie rote Haare, Feuermale oder Leberflecken wecken besonderen Argwohn. Natürlich ist Aberglaube zu der Zeit weit verbreitet, da die meisten Menschen über wenig Bildung verfügen. So glaubt man, dass der gezielte „Hexenschuss“ zu Impotenz oder Lähmungen führen kann.
Der Hexenhammer
Natürlich hat auch der Klerus seinen Anteil an der Hexenverfolgung. Ein Buch namens „Der Hexenhammer„, verfasst vom Dominikanermönch Heinrich Kramer im Jahre 1473 erfreut sich nicht nur einer großen Beliebtheit. Bis zum Ende des 17. Jahrhundert werden rund 30.000 Exemplare in 29 Auflagen gedruckt. Von Papst Sixtus IV. erhält Kramer die Erlaubnis zur Inquisition und darf somit kirchliche Gerichtsverfahren gegen Andersgläubige durchführen. In der folgenden Zeit macht er sich einen Namen als gefürchteter Hexenverfolger in den Diözesen Konstanz und Ravensburg, wo er zahlreiche Prozesse und Hinrichtungen initiiert und überwacht. Tatsächlich geht man sogar in als streng katholisch bekannten Ländern, wie z.B. Italien und Spanien, auf Distanz zu Kramers Lehren. In Mitteleuropa jedoch erfreuen sich seine Theorien großer Zustimmung.
Und bist du nicht willig so brauche ich Gewalt
Die alleinige Beschuldigung, eine Hexe oder ein Hexenmeister zu sein, reicht für eine Verurteilung nicht aus. Fakten oder ein Geständnis müssen dem Gericht vorgelegt werden. Mit Hilfe von Foltermethoden ist es jedoch nicht allzu schwer zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Ein beliebtes Mittel ist beispielsweise die Wasserprobe. Wer oben bleibt ist schuldig, wer untergeht ist ohne Schuld. Ertrunken ist allerdings niemand. Die Beschuldigten werden an einem Seil befestigt und im Zweifelfall herausgezogen. Belegt die Wasserprobe die Schuld des Angeklagten erfolgt die Hinrichtung desselbigen oftmals im Anschluss. Die Kosten der Verfahren, das sei noch erwähnt, hat die Familie des Angeklagten zu tragen. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen.
Heinrich Julius ist besonders eifrig
Besonders im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg gibt es viele Hinrichtungen. Das Hohe Gericht im „Lechlumer Holz“ dient vom 16. Jahrhundert bis zur Mitte des Jahres 1759 als Haupthinrichtungsstätte des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel. Zwischen 1557 und 1670 gibt es allein im Herzogtum über 220 Verfahren mit 88 Todesurteilen. Besonders eifrig bemüht sich Herzog Heinrich Julius (1564-1613) darum, sein Herrschaftsgebiet vom Hexenkult zu säubern. Zwischen 1590 und 1620 werden mindestens 114 Personen angeklagt, davon sind 97 Frauen und 17 Männer. Rund 60 Verfahren enden mit dem Tod durch Enthauptung oder Verbrennung.
Der Feuerstuhl der Schlüterliese
Mitten im Ausstellungsraum steht er, der angebliche Hexenstuhl der Anna Maria Ziegler, genannt die Schlüterliese. Anna Marie von Ziegler (* um 1545 in Pillnitz; † 7. Februar 1575 in Wolfenbüttel), so heißt es, soll eine adlige Betrügerin und Alchemistin gewesen sein. Die Ausstellung zeigt den eisernen Stuhl, auf dem die Schlüterliese der Überlieferung nach am 7. Februar 1575 in Wolfenbüttel öffentlich verbrannt wird. Eine bildliche Darstellung aus dem 19. Jahrhundert zeigt die Hinrichtung auf dem Schlossplatz. Der Stuhl ist übrigens eine Leihgabe des Braunschweigischen Landesmuseums.
Nach dem Besuch der Ausstellung lohnt es sich, einen Blick auf die übrigen Räume des Schlosses zu werfen. Und wer noch Zeit hat, dem sei das Bürger Museum in Wolfenbüttel empfohlen. Hier finde ich die Hörstationen besonders interessant. An diesen erzählen Zeitzeugen aus ihrem Leben.