„I love my Germans“

Christina/ Dezember 22, 2010/ Kultur

„I love my Germans“ soll der katarische Herrscher Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani am Telefon zum Frankfurter Architekten Albert Speer gesagt haben als er die Nachricht erhielt, dass Katar in 2022 die Fußball-WM austragen darf (vgl. Spiegel 50/2010:136).

„Made in Germany“ hat auch in der arabischen Welt und besonders in der Golfregion, wo man sich die deutsche Ingenieurskunst leisten kann, einen hohen Stellenwert. Nicht zuletzt deswegen dürfte Katar sich für Beteiligungen an so renommierten Unternehmen wie Porsche, Hochtief oder Volkswagen entschieden haben. Katar hat mit seinen Flüssigas-Vorkommen jede Menge Geld und das will gut angelegt sein.

Mit einem Ansehen auf Gegenseitigkeit oder einem Austausch auf Augenhöhe zwischen dem West-Östlichen Diwan scheint es jedoch noch nicht weit her zu sein. Schaut man sich dieser Tage die von überrascht bis pikierte tonalisierte Medienberichterstattung an, so stößt man fast unisono auf Unverständnis für die Entscheidung der Fifa, den World Cup 2022 in Katar stattfinden zu lassen.

Die gesamte Welt vergrault

So untertitelt der Spiegel in seiner 50. Ausgabe sogar, dass die Fifa mit ihrer Entscheidung „die gesamte Welt verprellt hätte“ (vgl. Spiegel, 50/2010:135). Wer aber bitte macht diese gesamte Welt aus? Ist damit nicht vielmehr die westliche Hemisphäre gemeint, die für sich die Weltherrschaft spätestens seit der Kolonialherrschaft beansprucht?

Richtig heißt es in dem Artikel dann auch weiter: „Es sei ein Skandal für alle, die Fußball für eine Angelegenheit Europas und seiner ehemaligen Kolonien halten“.

Der Araber oder sollte ich sagen „der Muslim“, scheint es dem „christlichen“ Europäer nicht recht machen zu können. Tritt er in Europa auf, ist er der nicht integrierbare Zwangsverheirater. Tritt er in seinem eigenen Land auf, steht für Fortschritt und wildert in westlichen Anspruchsterritorien, dann ist das ein Skandal und die Region wird gleichgestellt mit der „geopolitischen Finsternis“.

Darstellung in den Medien und in Schulbüchern entscheidend

Tatsächlich scheint man besorgt zu sein, während des World Cups auf Alkhohol und Bratwurst verzichten zu müssen. Dann geht es also gar nicht um Fußball, sondern genauso wie beim Tennis in Wimbledon um den irdischen Genuß, im letzteren Falle in Form von Erdbeeren mit Schlagsahne?

Aber wo ist jetzt wirklich das Problem, dass die WM in einem Land eines anderen Kulturkreises stattfindet? Hat das Jemanden 2002 vergrätzt, dass Südkorea der Austragungsort war oder in 1982 Mexiko? Und ist es nicht weiterhin so, dass viele große deutsche Konzerne durch Bauleistungen von der WM in Katar profitieren werden?

In einem Focus-Interview (50/2010:48-50) sagte Prinz Hassan bin Talal von Jordanien, dass Terrorismus in der Region durch Informationen in den Medien innerhalb der Region, in Schulbüchern und durch Integrationsprogramme in Europa verhindert werden könne. Ob das auch für den interkulturellen Dialog zwischen den Völkern und mehr Offenheit gegenüber einer vielleicht zunächst fremden Kultur gelten kann, die in Deutschland leider oft durch Stereotype (vgl. Sarazzin & Co.) vermittelt wird?

Laut dem Wissenschaftler Ramadan Tariq aus Oxford ist das Sichtbarwerden des Fremden entscheidend für die Ängster Europas gegenüber dem Islam (vgl. Die Zeit, 49/2010:7). Es geht um die Sichtbarkeit einer Religion, die dazugehören will. Also, setzen wir uns mit ihr auseinander – die Globalisierung ist in den Städten angekommen, nicht nur in den Geldbeuteln großer Konzerne.

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