Kleine und große Gefühle auf der Leinwand

Christina/ September 16, 2019/ Kultur

Fortuna und Eintracht“: Der Ausstellungstitel ist sicherlich publikumswirksam gewählt. Hier fühlt sich auch der nicht kunstinteressierte Bürger angesprochen, schließlich, so suggeriert es der Name, könnte es auch um die beiden Fußballvereine Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig gehen. Allein das Bild des Ausstellungsplakates mit den „beiden Leonoren“ lässt Zweifel aufkommen. Hier kommt des Rätsels Lösung: Es geht also nicht um den beliebten Ballsport sondern um die Begegnung zweier Sammlungen. Zur feierlichen Eröffnung am gestrigen Sonntag konnte das Publikum in stimmungsvolle Landschaften und emotionale Alltagsdarstellungen eintauchen. Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen dem Städtischen Museum Braunschweig und der Bonner Dr. Axe-Stiftung.
120 Gemälde werden insgesamt gezeigt. Diese stammen zu gleichen Teilen aus dem Bestand des Städtischen Museums und der Stiftung. Zu sehen sind Landschaften, Alltagsszenen und historische Ereignisse.

Alles außer Politik

Vor 200 Jahren gründete die damalige Regierung die königlich preußische Kunstakademie in Düsseldorf. Damit wurde die modernste und liberalste Ausbildungsstätte Europas ins Leben gerufen, erläutert Christiane Pickartz, Kuratorin und Kunsthistorikerin der Bonner Stiftung. Die künstlerische Lehranstalt, so erzählt sie weiter, war zu dieser Zeit unter Künstlern beliebter als Berlin, Dresden und Frankfurt am Main. Zwischen 1819 und 1918 absolvierten 4.000 Künstler aus drei Generationen die Ausbildung an der Kunstakademie.
Nicht zu verwechseln ist die Düsseldorfer Kunstakademie dabei mit der Düsseldorfer Malerschule. War erstere eine Ausbildungsstätte, so wurde letztere ein Synonym für die Schule von Wilhelm Schadow. Schadow wurde 1826 mit der Düsseldorfer Akademiedirektion betraut und führte die „Düsseldorfer Malerschule“ zu internationalem Ruhm.

Die Bilder der Düsseldorfer Schule fallen in erster Linie durch ihre Emotionalität auf. In einer politisch schwierigen Zeit – die Napoleonischen Kriege sind gerade vorbei, Europa „sortiert“ sich neue, es kommt zur Nationalstaatenbildung – „klammern die Bilder der Künstler all das aus“, so erklärt es Peter Joch, Direktor des Städtischen Museums. Heimatidyll anstelle von Schlachtengetümmel? Nicht ganz, auch „historische Großartigkeiten“ wie sie Joch nennt, befinden sich unter den 120 ausgestellten Gemälden.

Zeit der Empfindsamkeit

Und doch sind es in der Mehrzahl Genrebilder, angereichert mit Fantasie. Joch nennt sie „Affektbrücken“, die an das Mitleid des Betrachters appellieren. Ganz im Sinne von Jean Baptiste Greuze, dem französischen Maler und Vertreter des sentimentalen Prinzips. In der Zeit der Empfindsamkeit des späten 18. Jahrhunderts sind Bilder als „Rührstück“ angelegt, das uns in den Bann ziehen soll. Den Künstlern ging es darum, emotionale Brücken zu bauen, Landschaften als Gefühlswelten darzustellen und somit sprichwörtlich „stimmungsvolle Landschaften“ zu erschaffen, so erläutert Joch weiter.

Wie Fortuna zur Eintracht kam

Erstmalig wendet sich die Düsseldorfer Schule mit seinen Darstellungen an den Bürger und nicht zuerst an die elitären Klassen. Und Bürger sind es auch, die 1861 das Städtische Museum in Braunschweig gründen. 1868 schenkte der Braunschweiger Kunstverein der Stadt verschiedene Gemälde, auch aus der Düsseldorfer Schule.

Bereits 1833 gelangen erstmals Werke der Düsseldorfer Kunstakademie nach Braunschweig und seit 1844 ist die Düsseldorfer Schule die meist vertretene in der Sammlung des Städtischen Museums. Folgerichtig, würdigt die Ausstellung „Fortuna und Eintracht“ ebenso Braunschweiger Künstler, die ihre Ausbildung eben in Düsseldorf an der Kunstakademie absolviert haben, in einem eigenen Flügel.

Die beiden Leonoren

Und was hat es nun mit den beiden Damen auf sich, die das Titelmotiv der Ausstellung bilden? Sind es zwei Spielerfrauen aus dem 19. Jahrhundert? Nein, bei dem Ölgemälde von Carl Ferdinand Sohn „Die beiden Leonoren“ handelt es sich um die weiblichen Hauptfiguren aus dem Drama Torquato Tasso von Johann Wolfgang von Goethe.

Die Ausstellungseröffnung wird musikalisch durch Stücke von Clara und Robert Schumann umrahmt. Gespielt wird auf dem Original-Flügel Clara Schumanns, die am 13.9.2019 ihren 200sten Geburtstag gefeiert hätte.

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