New York 9/11 – Krieg in Zeiten von Frieden

Christina/ Dezember 10, 2022/ Kultur

New York 9/11, die Terroranschläge, der Zusammenbruch der Twin Towers. Das sind Bilder, die wir im Westen niemals vergessen werden. Auch, weil wir sie nicht für möglich gehalten haben. Aber was ist mit der Perspektive der anderen? Was hat es mit dem Zusatz „Krieg in Zeiten des Friedens„, den Yadegar Asisi seiner Ausstellung gegeben hat, auf sich? Das wollte ich bei einem Besuch des Panometers in Leipzig herausfinden. Ich finde die Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Thema sehr beeindruckend. In riesigen Panoramabildern und Installationen bringt Asisi auf eine ruhige aber sehr eindrückliche Weise zum Ausdruck, welche Folgen der Anschlag für viele Menschen in der Welt hatte und hat.

Es werde Geld!
In Asisis Ausstellung sprechen die Fakten für sich. Riesige Tafeln fassen die wichtigsten Ereignisse von 2001 bis heute zusammen. Der Krieg gegen den Terror kostete z.B. über die letzten zwanzig Jahre über 6 Billionen Dollar. Diese Summe entspricht über die genannte Zeitspanne über einer halben Million US-Dollar pro Minute. Diese unvorstellbare Geldsumme wird von Asisi in Form von zwei riesigen goldenen Türmen visualisiert. Unnötig zu erwähnen, welche sinnvollen Projekte mit dem Geld hätten finanziert werden können.

Sprache schafft Feindbilder
Fake News – ein Ausdruck, der nicht erst seit Donald Trump im alltäglichen Sprachgebrauch seinen festen Platz hat. Sprache schafft neue Identitäten und damit Feindbilder. Manipulation ist allgegenwärtig. Wer kann bei der heutigen Informationsflut noch unterscheiden, was wahr und was falsch ist? Negative Sprachbilder über andere Ländern, Menschen und Kulturen emotionalisieren und verankern sich z.B. in Form von Stereotypen in unserer Psyche.

Grenzen werden Mauern
Infolge der Kriege nach dem 11. September sind 37 Millionen Menschen geflohen: vor Krieg, vor Terrorgruppen, dem Militär oder korrupten Sicherheitsbehörden. Nahezu alle Gesellschaften der Welt haben sich verpflichtet für den Schutz dieser Flüchtlinge einzutreten. Tatsächlich sind neue Grenzen geschaffen wurden, auf See und auch zu Land. Wie viel Sicherheit hat uns das gebracht?

Der Krieg beginnt im Wohnzimmer
Einige Tage nach 9/11 hält Präsident Bush unter Beifall seine weltweit übertragene Rede zum „Krieg gegen den Terror“ im US Kongress. Dies ist der Anfang von mittlerweile 20 Jahren Leid und Zerstörung. Der Künstler hat zur Verdeutlichung ein Wohnzimmer aufgebaut in dem ein Fernseher mit der Rede von Bush läuft. Und auch andere Vertreter des Westens schließen sich der Meinung des US-Präsidenten an. Unvergessen die Lüge von Colin Powell über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak.

Am Ende der Ausstellung betritt man als Besucher das 360 Grad-Panorama NEW YORK 9/11. Es zeigt, untermalt von Musik, die Szenerie am World Trade Center am Morgen des 11. September 2001 um 08:41 Uhr, fünf Minuten vor den Attentaten. Mit dem Wissen um die nachfolgenden Tragödien wird dieser Ausgangspunkt inmitten des morgendlichen Trubels im multikulturellen Manhattan zu einer scheinbar utopischen Momentaufnahme. Wenn der Angriff startet und sich der Raum verdunkelt, laufen einem schon kalte Schauer über den Rücken.

Eine sehr gelungene Ausstellung, die nachdenklich und betroffen macht.

Mahnmal oder Denkmal?
Am nächsten Tag statten wir dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig einen Besuch ab. Der Monumentalbau mit einer Höhe von 91 Metern beeindruckt bereits von Weitem. Eingeweiht wurde das Bauwerk 1913 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Völkerschlacht. Vom 16. bis zum 19. Oktober 1813 fand diese bei Leipzig statt. Die verbündeten Heere Russlands, Preußens, Österreichs und Schwedens errangen dabei den entscheidenden Sieg über Napoleon und dessen Alliierte auf deutschem Boden. Die Bilanz: 100.000 Tote. Und was ist dieser „Steinhaufen“ nun? Ein Mahn- oder Denkmal? Leider gibt es in dem Gebäude überhaupt keine Tafeln mit Erklärungen, sodass der Besucher mit seinen Eindrucken und Gedanken alleine bleibt und sich fragt, wer diese überdimensionalen Statuen erbaut hat und warum? Oder interessiert den Besucher mittlerweile sowieso nur noch der Aufstieg über 364 Stufen zur 91 Meter hohen Aussichtsplattform? Leider sind wir eine Stunde vor Schließung der Gedenkstätte gekommen, sodass die Zeit nicht mehr für den Audio-Guide oder das Museum gereicht hat.

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