Planet or Plastic
Planet or Plastic – das ist hier die Frage. Der Titel mag eine Allegorie auf „Sein oder Nichtsein“ vom dänischen Prinzen Hamlet sein, frei nach der Tragödie von Shakespeare. Auch die Überlegung, ob und wie viel Plastik wir in Zukunft herstellen und nutzen wollen, scheint mir einer Frage des Seins gleichzukommen. Das jedenfalls impliziert die gleichnamige Ausstellung, die derzeit im Naturhistorischen Museum in Braunschweig zu sehen ist. „Planet or Plastic?“ ist eine tourende Ausstellung der National Geographic Society und wird in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Naturhistorischen Museum in Braunschweig und Expona präsentiert.
Bei einem Rundgang durch die Ausstellung, dem Betrachten der Fotografien und Grafiken, wird schnell deutlich, dass es auf die Fragestellung der Schau weder eine einfache noch eine eindeutige Antwort geben kann. Dafür ist Kunststoff, das schönere Wort für Plastik, als Material zu substanziell, wie der Einsatz in der Medizin oder in der Luftfahrt verdeutlicht. Wir sprechen hier also nicht darüber, auf Strohhalme für einen Cocktail, einen Prinzessin Lillifee-Ranzen oder eine Plastikente für die heimische Badewanne zu verzichten. Sicherlich ist die Aufgabe dieser entbehrlichen Artikel bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Fotografien von Surfern einerseits, die die perfekte plastikverseuchte Welle reiten und das Seepferdchen andererseits, dass sich an einem Wattestäbchen festhält, scheint die Entscheidung für oder gegen Plastik leicht zu machen – zumindest, solange man sich im Museum befindet.
Good Cop – bad cop?
Jedoch frage ich mich, was wir mit den Bildern aus asiatischen Shops machen sollen, die Ladenräume zeigen, die bis unter der Decke mit Plastikranzen, -schwimmtieren oder anderem unnützen Tand vollgestopft sind. Wollen wir diese Länder wirklich mit der moralischen Keule maßregeln, nachdem wir selbst jahrzehntelang die Vorteile dieser Errungenschaft genutzt haben und es noch tun? Ich bin leider keine Naturwissenschaftlerin, sodass ich sagen könnte, durch welchen Stoff sich organisches Polymer ersetzen ließe und ob dann dieses Material weniger schädlich für Mensch und Umwelt sei. Sicherlich wird bereits an einer Ausweichlösung geforscht und gewiss wird es wirtschaftliche Interessen geben, die dagegensprechen und politische Zugeständnisse, die dem Willen zum Machterhalt geschuldet sind.
Sich unumstößliche Wahrheiten bewusst zu machen ist nicht einfach aber sinnvoll. Fakt ist, dass weder die Anzahl der produzierten Kunstoffartikel, noch der Umgang mit diesen, noch die (falsche) Entsorgung derselbigen so weiter gehen kann wie bisher. Ein „weiter so“ kann es auch hier nicht geben. Es sei denn, die Welt will offenen Auges in ihr Unglück rennen. Spätestens seit Beginn der Mülltrennung ist mir aufgefallen, dass der Großteil meines Abfalls aus Kunststoff besteht. Plastiktüten nutze ich bereits seit Jahrzehnten nicht mehr. Und wenn es sich einmal doch nicht vermeiden lässt, dann benutze ich diese so lange bis sie so zerfetzt sind, dass ein weiterer Gebrauch nicht mehr möglich ist.
Start with the man in the mirror
Für mich zeigen nicht nur die Bilder der Ausstellung „Planet or Plastic“ wie groß unser Müllproblem ist. Auch bei Wanderungen in der Natur ärgere ich mich immer wieder darüber, dass manche Personen ihren (Plastik)Unrat einfach auf die Straße, ins Gebüsch oder in Gärten schmeißen. Ist das einfach Gedankenlosigkeit, Willkür oder ein „nach-mir-die-Sinflut“-Denken? Warum nicht einmal so drakonische Geldstrafen einführen, wie z.B. in Singapur? Bekanntlich reagieren die meisten Menschen darauf, wenn es an das eigene Portemonnaie geht. Ich befürchte eine simple Ausstellung, mag sie auch noch so ambitioniert sein, wird als „Mindchanger“ nicht ausreichen.