Schlaraffia: Wenn der Arzt zur Klampfe greift. Hermann Doßmann in Concert

Christina/ März 2, 2024/ Kultur

Im täglichen Leben ist er Arzt. Funktionelle Magen-Darm-Erkrankungen und Psychosomatik sind sein Geschäft. Mindestens einmal Monat trifft man den Mann aus Hamburg, genauer gesagt Henstedt-Ulzburg, auch auf der Bühne an. Dann wird er zum Liedermacher 2.0, der Arzt, der zur Klampfe greift. Gestern war das in Braunschweig der Fall. Die Schlaraffen hatten eingeladen. Nun ja, Milch und Honig flossen gestern zwar nicht, trotzdem war es ein unterhaltsamer Abend.

In arte voluptas
Eigentlich haben in dieser Burg Frauen keinen Zutritt. Der Bund „Schlaraffia Brunsviga“ ist ein reines Männerbündnis. Also in etwa vergleichbar mit der Mönchsrepublik Athos in Griechenland. An diesem Freitag jedoch, öffnen die Schlaraffen, wie sie sich selber nennen, ihre Tore. Und in der Tat, hier geht es mittelalterlich zu. Zur Einführung in den Abend lässt und Thomas Ostwald wissen, dass sich die Vereinigung 1859 aus Trotz in Prag gründete. Damals waren Künstler von ihren herrschaftlichen Mäzenen abhängig und waren im Alltag nicht gern gesehen. So taten sich deutsche Künstler, Akademiker, Handwerker und Bürger vieler Stände in einem Freundschaftbund zusammen. Das Markenzeichen der Schlaraffen ist ein Uhu. Ostwald raubt dem Publikum schnell eine Illusion, als er uns wissen lässt, dass wir uns hier nicht im Schlaraffenland befänden, wo Milch und Honig fließen. Vielmehr seien wir im Schlaraffenland des Geistes. Auch schön.

Die Gemeinschaft sagt von sich selbst, dass sie keine Loge sei. Ich muss aber zugeben, dass ich beim Betreter der Burg und insbesondere des Rittersaals doch etwas ins Grübeln komme. Sowohl die Aufmachung als auch die Dekoration des Raums sind gewöhnungsbedürftig. Also ich frage mich schon, wo ich hier gelandet bin. Aber schon der Wahlspruch der Schlaraffen „In arte voluptas“, in der Kunst liegt Lust, zerstreut die ersten Zweifel. Und dann kommt auch schon der Künstler auf die Bühne, in der Hand ein Glas Wasser.

Und ihr sitzt auf dem Trockenen
„Ich habe gerade noch ein Glas Wasser bekommen und ihr sitzt auf dem Trockenen“. Zuerst weiß ich nicht, wie ich diese Bemerkung von Doßmann einordnen soll. Nach einem kurzen Gespräch mit den Veranstaltern wird klar, dass der Satz ernst gemeint ist. Es gibt an diesem Abend keine Getränke. Die Theke bleibt dunkel, der Ausschank ist nicht erlaubt. Das trübt doch etwas die Freude auf den musikalischen Abend. Es lässt sich aber nicht ändern. Dann legt Doßmann los. Schnell wird deutlich, dass die Veranstaltung auch ohne Getränke kurzweilig werden wird. Dem Künstler gelingt es recht schnell, seine Freude an der Musik im Saal zu verbreiten, seine humorvollen Texte tun ein Übriges. Da geht es mal um Gebäck, von dem man seine Finger nicht lassen kann. Ein anderes Mal müssen die Kampf-Veganer und eingefleischten Vegetarier dran glauben, wenn es heißt: „Essen ist wichtig, Essen macht Spaß. Auch ein Vegetarier beißt nicht gerne ins Gras.“

Wer Haare verliert, gewinnt an Gesicht
Doßmann ist sich aber auch nicht zu schade, sich selbst zum Gegenstand des Spotts zu machen. An diesem Abend trägt er eine schwarze Kappe auf dem Kopf. Im Laufe des Abends verrät er aber mit einem Schmunzeln, dass sich unter der Kopfbedeckung keine Mähne befindet und bemerkt: „Wer Haare verliert, gewinnt an Gesicht.“ So kann man es sicherlich auch sehen.

Erstaunt bin ich über das große Repertoire von Doßmann. Geschlagene zweieinhalb Stunden unterhält er sein Publikum und verliert dabei nicht ein bisschen seinen Schwung und seine Freude am Auftritt. Das Publikum klatscht und singt teilweise begeistert mit und bittet um Zugaben. Drei weitere Lieder lässt der Künstler erklingen bevor die Hutkasse kreist und ein unterhaltsamer Abend zu Ende geht.

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