Oben
Ich bin keine Kunstkennerin, vermutlich kann ich deshalb diese Form des Ausdrucks auch nur „aus meinem Bauchgefühl“ heraus beurteilen. Am letzten Freitag eröffnete Birte Henning ihre Ausstellung „oben“. Ich hatte es aus der Vorankündigung zur Vernissage so verstanden, dass es irgendwie um den nahenden Vollmond gehen sollte und Birte uns den Himmel zeigen wollte. Das klang erstmal gut. „Schauen wir gemeinsam nach oben„, hieß es da. Nebenbei sollten „Schnittchen“ und Getränke gereicht werden, also genau das Richtige für einen entspannten Freitagabend – so der Plan.
Wir freuen uns also auf eine paar schöne, aussagekräftige Fotos zum Thema Vollmond und sehen, nun ja, eigentlich nichts außer grauen Himmel und ein paar Wolken. Zumal sind die Bilder so klein, dass diese selbst für die schärfsten Adleraugen eine Herausforderung sein sollten. Wir gucken uns zunächst etwas verdutzt an und um. Hm, sind wir die einzigen, die nicht so ganz verstehen, wo hier die Kunst sein soll? Es fällt zumindest auf, dass sich außer uns eigentlich keiner so richtig für die Bilder zu interessieren scheint.
Das Publikum nimmt das kinesiologische Buffet in Augenschein und probiert. Ich entscheide für mich, dass ich was „Richtiges“ zu essen brauche. Mir knurrt der Magen, da wird ein Gurkenschnittchen mit Frischkäse nicht viel ausrichten können. Bei Kasperlesekt überlegen wir gerade noch, wie der Abend weitergehen könnte, als uns draußen auf der Holzbank vor dem Torhaus eine ältere Damen anspricht. Sie verteilt Flyer. Flyer mit Musikkünstlern, die wahlweise Klavier oder Geige und Stücke von Stravinsky, Dvořák und ähnlichen Größen spielen. 6.000 Flyer will sie ingesamt verteilen. Wir staunen und stecken einen der gefalteten Zettel ein.
Der Abend endet dann in einer altbewährten Restaurant-Kneipe mit lautstarker VW-Herrenrunde nebendran, die wahlweise von Ehescheidungen im Freundeskreis oder ihren beruflichen Abenteuern im Namen eines großen Autobauers in diversen Ländern berichten. Aber, was es jetzt „oben“ zusehen gibt, haben wir erst gestern Nacht verstanden als der fast vollständige Vollmond am Himmel stand. Vielleicht wären wir mit der Eröffnung der „Vaterland„-Ausstellung besser zurecht gekommen – aber das ist eine andere Geschichte.