Das Wunder von Lengede

Christina/ Juli 23, 2023/ Kategorien

Beim „Wunder von Lengede“ dankt man sofort, na klar, an das Grubenunglück von 1963 und die wundersame Rettung von elf Kumpeln nach vierzehn Tagen. Darüber hinaus gibt es aber noch eine andere Art von besonderem Zeichen. Und wie sollte es auch anders sein, natürlich hängt dieses Phänomen mit einer Wanderung zusammen. Aber auch hier kommt Lengede die Bergbauvergangenheit zugute. Und zugegeben, wären wir im Zusammenhang mit einem Gartenbesuch in Münstedt nicht über diese Runde an den Lengeder Teichen gestolpert, hätten wir diesen wundervollen Ausflug in die Natur des ehemaligen Erzabbaus niemals kennengelernt. Denn heute sind große Teile des ehemaligen Abbau- bzw. Klärteichgeländes renaturiert und stehen unter Naturschutz. Ein Unterfangen, das sich unserer Meinung nach gelohnt hat, wie die zahlreichen Insekten zeigen, die sich in der Nähe der Teiche tummeln. Aber Vorsicht: das Mückenspray sollte hier immer zur Hand sein.

Offene Gartenpforte, die Zweite
Nach unserem Gartenbesuch am letzten Sonntag, der uns nachhaltig begeistert hat, sind wir wieder on tour. Uns ist klar, dass wir an diesem Sonnabend auch einen Reinfall erleben können. Schließlich lassen sich solche Hochgefühle nicht beliebig wiederholen. Am Mittwoch steht das Programm, diesmal inklusive Pfifferlingsschmaus im Waldgasthaus Odinshain. Die Choreographie war gar nicht so einfach. Letztendlich gestaltet sich die Route um den Gartenbesuch herum. Der findet diesmal in Münstedt statt. Das liegt in der Nähe von Ilsede. Über komoot entdecke ich einen Ausflug um die Lengeder Teiche bis zum Seilbahnberg. Das klingt erstmal annehmbar. Da zufällig Pfifferlingszeit ist muss jetzt eine Gaststätte her, die im Umkreis liegt und diesen edlen Pilz im Angebot hat. Hier klingt der Groß Bültener Hof sehr verlockend. Aber verdammt, das Restaurant hat samstags geschlossen. Die Wahl fällt nach einigem Zögern schließlich auf das Waldgasthaus Odinshain.

Die Hantelmanns halten Hof
Oh ja, es muss ein Superlativ sein: 4500 qm Resthof mit großem Garten im Landhausstil. Wir treffen am frühen Nachmittag ein. Gleich im Vorgarten wird das Konzept dieser Anlage deutlich: sehr viel Dekoration, teils mit fantasievollem, teil mit merkwürdigem Charakter. Da hängen zwei galaktische Todessterne im Baum. Star Wars-Fans oder was? Es ist noch zu früh, um sich eine Meinung zu bilden. Ein paar Meter weiter treffen wir auf eine Skulptur, die dem „Kleinen Prinzen“ verdammt ähnlich sieht. Davor ist eine tiefergelegte Sitzgelegenheit mit vier Stühlen aufgebaut. Rechts davon fühlt man sich angsichts eines Mauerensembles wie auf einem Friedhof. Wir gehen in Richtung eines Hochbeets mit Nutzpflanzen. An dieser engen Stelle stauen sich die Besucher ein wenig. Ein älterer Herr ruft seiner Frau mit Gehhilfe zu: „Du kannst dir den Garten auch später auf meinem Handy anschauen.“ Wir kommen in einen andere Teil des Gartens, der von Wald-Hotensien bestimmt wird. Dies sehr zur Freude vom Tagpfauenauge und dem Admiral, zwei Schmetterlingsarten. Wir staunen, wie ruhig und zutraulich die Insekten auf den Blüten liegen.

Der grün-goldene Rosenkäfer
Wir schlendern am Gartenteich mit den gelben Teichrosen vorbei und bleiben erneut an einer Hortensie hängen. Da bewegt sich doch etwas! Eine Art Käfer mit einem grün-goldenen Panzer hat sich in dem Blütenmeer verschanzt. Den wollen wir unbedingt ablichten, der Käfer will aber nicht. Wir umkreisen den kleinen Kerl mehrfach. Der ist aber ziemlich gut darin, sich zu verstecken. Es handelt sich um einen, nein sogar zwei Rosenkäfer. Diese Insekten stehen sogar unter Artenschutz! Wir lassen dem Tier schließlich seine nachmittägliche Ruhe und widmen uns dem Kuchenbuffet. Die meisten Besucher haben davon natürlich bereits vor uns Gebrauch gemacht. Was soll man schon machen bei den vielen Sitzgelegenheiten? Burkhard entscheidet sich für ein Stück Stachelbeer-Streuselkuchen.

Das Wunder von Lengede
Da unser Tisch für 19:30 Uhr bestellt ist, wird es für uns langsam Zeit. Auf dem Weg zurück zum Auto sehen wir, dass der Besucherandrang jetzt erst richtig Fahrt aufnimmt. Logisch, ist ja Kaffeezeit. Na, da heißt es jetzt aber schnell sein, bevor das süße Gebäck weg ist. Für uns geht es von Münstedt nach Klein Lafferde. Das ist nur ein Katzensprung. In der Ortsmitte legen wir los. 16,9 Kilometer liegen vor uns. Wir bewegen uns Richtung Ortsausgang und biegen in einen Feldweg ein. Wir machen den Fehler und ziehen bereits jetzt einen Vergleich zur Tour vom letzten Wochenende. Als wir jedoch die Fuhse erreichen und auf den Abuteich zusteuern verändert sich alles. Die Pfade werden schmaler, die Umgebung schöner. Das kann doch noch etwas werden mit uns uns Lengede.

Ein gebrochener Flügel
Plötzlich sehen wir eine blaue Libelle vor uns auf dem Boden. Es ist eine Blauflügel Prachtlibelle. Aber irgendetwas stimmt da nicht. Oh je, der eine Flügel des Insekts hängt unnatürlich am schmalen, langen Körper. Das arme Ding. Leider können wir nicht helfen. Wir setzen das Insekt aber vorsichtig in das Unterholz, damit keiner drauftritt.

Nachdem wir den Abuteich umrundet haben, gehen wir weiter zu den Klärteichen 11 und 11a. Am 11a hat es sich eine Anglertruppe gemütlich gemacht. Es ist 17 Uhr und wir haben noch die zweite Hälfte der Wanderung vor uns. Sollen wir abkürzen? Wir entscheiden uns dagegen. Hm, das war vielleicht nicht so schlau. Wir befinden uns jetzt in einem Abschnitt des Wanderwegs, der bei Mücken besonders beliebt zu sein scheint. Nun ich denke, es ist fast unnötig zu sagen, dass sich unsere Schrittgeschwindigkeit gefühlt verdoppelt. Als wir endlich aus dieser Moskitohölle heraus sind stehen wir auch schon vor dem Bergbaupark. Unsere letzte Herausforderung ist der gut 150 Meter hohe Seilbahnberg. Der hat es aber tatsächlich nochmals in sich. Es geht nicht nur sehr steil hoch, nein, auch der Weg hinunter ist überraschend abenteuerlich. Von oben haben wir einen hervorragenden Blick auf die Umgebung.

Nachdem wir heile vom Berg heruntergekommen sind, schauen wir uns noch ein wenig im Bergbaupark um. Es finden sich einige Spuren aus der Vergangenheit, wie Bahnschienen oder die Statue eines überlebensgroßen Bergarbeiters. Noch liegen knappe sechs Kilometer vor uns. Es sieht nach Regen aus. Wir gehen lieber weiter. Die dunklen Wolken ziehen jedoch weiter und lassen die Landschaft bedrohlicher aussehen als die Lage wirklich ist. Wir kommen jedenfalls trockenen Fußes wieder nach Klein Lafferde zurück. Inzwischen hat sich mein Magen gemeldet. Zum Glück liegt das Waldgasthaus auch quasi um die Ecke. Nach der vielen Bewegung schmeckt das Radler doppelt so gut und die Pfifferlinge sowieso!

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