Zu Gast in Goslar: Facing Britain

Christina/ März 21, 2022/ Kultur

Facing Britain“ heißt die Ausstellung, die derzeit im Goslaer Museum Mönchehaus zu sehen ist. Dabei handelt es sich um eine Wanderausstellung, die zuvor in anderen deutschen Städte zu sehen war. Facing Britain erhebt den Anspruch, die Entwicklung der britischen Gesellschaft von den 1960er Jahren bis heute zu dokumentieren. Was als Dokumentarfotografie begann, so unsere Leiterin durch die Aussstellung, endet mit künstlerischen Aufnahmen aus dem 21. Jahrhundert. Dabei stimmen Susanne und ich nicht mit allen Aussagen von Dorothee Prüssner überein, die uns heute durch die Ausstellung führt. Aber davon später mehr.

44 Fotografen, 250 Werke
Die Schau zeigt insgesamt 250 Werke von 44 verschiedenen Künstlern. Das ist eine Menge Holz. Und Prüssner will uns alle zeigen. Das ist ein bisschen viel. So entsteht bald das Gefühl, dass es im Schweinsgalopp durch die Jahrzehnte geht. Die Konzentration auf ein paar Highlights der Ausstellung, stellvertretend für die jeweilige Epoche, wäre hilfreich für die Orientierung gewesen.

Schwerpunkt der Ausstellung sind die 1970er und 1980er Jahre. Sicherlich zwei Jahrzehnte, die auch in anderen Ländern prägend waren. Im Mittelpunkt der Fotografie stehen Menschen, die den jeweiligen Zeitgeist illustrieren und sowohl für gesellschaftliche als auch politische Veränderungen stehen. Alle Entwicklungen werden aus dem Alltag der fotografierten Menschen dargestellt. Neben traditionellen Lebensgewohnheiten, wie der berühmte Five o’clock Tea, sind wir Zeuge von steifen „stiff upper lip“-Portraits im Kolonialstil, Ausschreitungen gegen die sozialen Grausamkeiten der Thatcher Ära und beobachten die Folgen des Niedergangs der Kohle- und Stahlindustrie in Form vom Schicksal gezeichnete Gesichter.

Die wilden 80er
Die roaring 80ies (nicht 20ies) mit ihrem ausschweifenden Partyleben werden regelrecht zelebriert und in freizügigen Szenen dargestellt. Die Ausgelassenheit zeigt sich sowohl im Kleidungsstil der Portraitierten, als auch in deren Posen und dem Alkohol- und Zigarettenkonsum. Die sexuell aufgeladene Atmosphäre wird ebenso in Grabschgesten und „shake what you have Baby“ Körperhaltungen deutlich. Die Fotos scheinen „who cares about tomorrow“ zu schreien.

Brexit und das Erbe einer Kolonialmacht
Die letzten Fotos der Ausstellung sind dem Brexit und dem Erbe aus der Britischen Kolonialzeit gewidmet. Migranten aus Indien, Afrika und anderen Ländern sind zu sehen, wie sie sich an ihre neue Heimat anpassen und hinter verschlossenen Türen ein Stückchen Heimat pflegen.

Und zum Schluss begegnen wir der Narzisse, dem Nationalsymbol von Wales. Die Blume wird in einer Fotoserie zusammen mit vier verschiedenen Personen dargestellt. Jedes Foto soll die Beziehung zwischen Mensch und Narzisse darstellen. Ist sie nah am Körper soll dies eine enge Beziehung zur Heimat verkörpern und vice versa.

Wir sind am Ende der Ausstellungsführung angelangt. Am Anfang des Rundgangs stand die Aussage, dass das Besondere, ja das Einmalige an der Schau sei, dass es noch nie eine solch geschlossene und vollständige Darstellung der sozialen und politischen Veränderungen eines Landes im Zeitraum von siebzig Jahren gegeben hätte. Ich habe es nicht ganz so wahrgenommen, da unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Jahrzehnten fotografiert wurden. Wäre eine Person in ihrer Veränderung durch die Jahrzehnte begleitet worden, wäre diese Aussage für mich nachvollziehbarer gewesen.

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