Rühme: Vom Spargeldorf zum Gewerbegebiet
Kaum ist die schöne Spargelzeit vorbei, so wird das lange, schlanke Gemüse wieder zum Thema. In einer Stadtteilführung lässt Heimatpfleger Volker Abrolat die Geschichte Rühmes mit dem Titel „Vom Spargeldorf zum Gewerbegebiet“ aufleben. Das ehemalige Dorf kann auf eine wirklich lange Geschichte zurückblicken. Die erste urkundliche Erwähnung Rühmes reicht in das Jahr 1007 zurück! Die ersten Menschen siedelten sich hier im Schilf an, warum weiß man nicht. Aber so war es. Sogar Dünen soll es hier gegeben haben. Und Sandböden natürlich auf denen jahrzehntelang das weiße Gold wuchs: Spargel nahm zeitweise 60 % der Ackerflächen in Anspruch. Um 1900 gesellte sich mit der Firma Hinze & Co eine Konservenfabrik dazu, in der vor allen Dingen Frauen im Akkord schuften mussten. 1934 erfolgte die erzwungene Eingemeindung in die Stadt Braunschweig. Heute wird Rühme von einem großen Gewerbegebiet dominiert. Aber auch die Erinnerung an frühere Zeiten ist noch sichtbar.
Steinzeit, Bronze und Spargel
Bereits um 12.000 soll es steinzeitliche Siedlungen in Rühme gegeben haben. Im 5. und 4. Jahrhundert waren es dann Bronzesiedlungen und im 8. und 9. Jahrhundert v.Chr. begann die Ansiedlung im Schilf. 1852 kam es zu einer Brandkatastrophe, ausgelöst von Kindern, die mit Streichhölzern spielten. Die meisten Bauernhöfe brannten ab. Von 11 Hofstellen blieben nur fünf übrig.
Bis zum schwarzen Berg reichten damals die Spargelfelder. Geschält und verarbeitet wurde das Gemüse in der Konservenfabrik Hinze und Co. Ich stelle mir vor wie das sein muss, acht Stunden lang Spargel zu schälen. Das ist ja ein und dieselbe Handbewegung, Tag für Tag. Karpaltunnelsyndrom vorprogrammiert oder? Im Jahr 1952 wurde die Fabrik geschlossen und im Jahre 2019 abgerissen. In der Osterbergstraße ist heute noch ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude zu besichtigen. Allerdings hat nur der Balken mit dem Kirchenspruch den damaligen Brand überstanden. Von hier aus setzen wir unsere Führung zunächst an der Schunteraue und dann an der St. Trinitatis Kirche fort. Erst seit 1936 hat Rühme eine eigene Kirche, zuvor gehörte das Dorf zu St. Magni in Braunschweig.
Am Wendenturm
Der um 1400 erwähnte Turm wurde ursprünglich als Wartturm der Braunschweiger Landwehr errichtet. Bereits im Jahre 1672 ist im Wendenturm eine Gastwirtschaft nachweisbar, seit 1777 befindet er sich im Privatbesitz. In dieser Zeit ersetzte man den Turm durch ein zweigeschossiges Fachwerkhaus. Der im 18. und 19. Jahrhundert auch als Zoll- und Chausseegelderhebehaus bezeichnete Gasthof wurde im 19. und 20. Jahrhundert mehrfach umgebaut und erneuert. Heute befindet sich das Restaurant Wendenturm in dem Gebäude.
Landwehr: Wälle und Gräben zum Schutz
Zum Schluss führt uns Abrolat zum Landwehr-Denkmal. Jetzt bin ich überrascht. Das Modell vom ehemaligen Schutzgraben kannte ich noch nicht. Vermutlich wäre ich auch nie auf die Idee gekommen an dieser Stelle, an dieser belebten Ausfallstraße, mich nach solch einem Denkmal umzusehen. Die Landwehr ging einmal um die gesamte Stadt herum und beinhaltete 7 Wart- und Wehrtürme. Einer davon war der Wendenturm. Hier am Landwehr-Modell endet die kurzweilige Tour vom Stadtheimatpfleger Abrolat. Im Rahmen des Programms „12 x Braunschweig“ gibt es in diesem Jahr noch weitere, interessante Stadtteilerkundungen.