Salzgitter-Bad: Auf den Spuren des Salzes

Christina/ August 16, 2021/ Alltagsgeschichten, Kultur

An diesem Sonntag darf meine Wanderlust pausieren. Das Mountainbike muss ran, denn heute möchte ich Salzgitter-Bad erkunden. In der Altstadt, so habe ich es im Internet gelesen, soll es ein paar schöne Fachwerkhäuser geben. Tatsächlich wandele ich vor Ort auf den Spuren des Salzes. Auch unterwegs entdecke ich Interessantes, denn ich komme an den Punkt, an dem ein Eiskeller und ein Städtischer Friedhof eine Symbiose miteinander eingehen. Ob aus dieser Verbindung wohl die Idee hervorgegangen ist, das Nützliche mit dem Praktischen zu verbinden?

Im schaurigen Oderwald
Der Hinweg führt mich von Braunschweig über den Südsee nach Wolfenbüttel. Kurz hinter dem Bahnhof geht es hinauf zum Oderwald. Ich kann mir nicht helfen, aber ich kann mit diesem recht unerschlossenen Forst nicht warm werden. Es fährt sich schwer auf den Schotterwegen und irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass es leicht bergan geht. Bei dem strammen Gegenwind macht auch das letzte Stück nach Wolfenbüttel-Linden nicht wirklich Spaß. Ich bin also recht froh, als ich den anstrengenden Teil des Tages hinter mich gebracht habe.

Von Linden geht es auf dem ausgeschilderten Radweg weiter nach Cramme. Aus dieser Gegend soll das Geschlecht derer von Cramm stammen. Ich radle weiter nach Lobmachtersen und Salzgitter-Flachstöckheim. Hier entdecke ich den gleichnamigen Gutshof und im Gutspark eine wunderschöne Linde mit einem mächtigen Stamm und luftiger Höhe.

Seppchen Muthig
Jetzt ist es nur noch ein Katzensprung bis zu meinem Ziel Salzgitter-Bad. In der Altstadt stoße ich auf den Wegweiser „Auf den Spuren des Salzes“. Das klingt doch gut, denke ich. Über die Vorsalzer Straße komme ich zunächst zum Klesmerplatz. Von dort erreiche ich die Kuhstraße und damit die Bronzefigur von Seppchen Muthig. Herr Muthig war mir bisher kein Begriff. Nun erfahre ich aber, dass es sich um den letzten bekannten Straßenmusiker von Salzgitter handelt, dem hier an der Kreuzung von Kuh- und Warnestraße ein Denkmal gesetzt wurde.

Am Kirchplatz Nr. 3 entdecke ich ein barockes Steinhaus. Das Haus sticht aus dem Stadtbild heraus, das von Fachwerkhäusern geprägt ist. Es gefällt mir, weil es eine mediterrane Anmutung hat. Das Haus wurde von Friedrich Julius von Kniestedt erbaut. Diesen Namen werde ich heute noch öfter lesen. Die von Kniestedts scheinen eine recht wohlhabende und einflussreiche Familie gewesen zu sein.

Auf den Spuren des Salzes
Am Markplatz stoße ich auf den Rosengarten der Stadt. Hier geht es mit der Geschichte des Salzes so richtig los. Meine Route führt durch die Anlage in dessen Zentrum ein Gradierpavillon aufgebaut ist und Reste eines Solebrunnes ausgestellt sind. Schon 1825 wurde die gewonnene Sole zu Kur- und Heilzwecken eingesetzt. Anfang des 20. Jh. stand hier noch ein großes Badehaus für den Kurbetrieb. Oberhalb des Gartens treffe ich auf die beiden Salzsieder, zwei lebensgroße Bronzestatuen. Ein Salzsieder war früher eine Berufsbezeichnung für jemanden, der Salz aus der Erde gewann.

Auf dem Gelände des Rosengartens befinden sich weitere historische Gebäude wie zum Beispiel der Garßenhof. Das Gebäude gehörte zum ehemaligen Ritterhof der Familie von Gitter. Aus den beiden Worten Salz und Gitter setzte sich übrigens später der heutige Ortsname Salzgitter zusammen. Gleich in der Nähe, am Marienplatz 12, befindet sich das Tillyhaus, das zu den ältesten Gebäuden der Stadt zählt. Der Überlieferung nach soll es dem Feldherrn Tilly 1626 während des Dreißigjährigen Krieges als Unterkunft nach der Schlacht bei Lutter am Barenberge gedient haben.

Die Kunstgalerie in der Kniestedter Kirche
Zum Schluss schaue ich mir noch die nahegelegene ehemalige Arbeitersiedlung Vorsalz an. Die Wohnanlage entstand um 1500. Grund für die Erbauung war der große Zuzug von Salinenarbeitern, die auf Wohnungs- und Bauplatzsuche waren. Auf meinem Rückweg mache ich auf dem Klesmerplatz Halt. Als Klesmer wurden die
Salzgitterschen Musikanten bezeichnet, die aus Geldnot durch die ganze Welt zogen und so ihre Bekanntheit erlangten.

Klezmer steht oder stand auch auf dem Programm in der Kunstgalerie der Kniestedter Kirche. Am Ortsausgang lege ich an dieser Stelle einen weiteren Stopp ein und schaue mir die Bildergalerie der aufgetretenen Künstler an. Ich bin schon erstaunt darüber, welche bekannten Künstler sich hier bereits ein Stelldichein gegeben haben: Walter Giller, Hardy Krüger, Emil Steinberger, Joachim Fuchsberger oder auch Gerd Fröbe.

Mit dem Blick auf das Kniestedter Herrenhaus, in dem jetzt die Volkshochschule residiert, verlasse ich Salzgitter-Bad. Ich gebe ehrlich zu, dass ich der Stadt so viel historische Geschichte und Gebäude gar nicht zugetraut hätte.

Eine schräge Symbiose: Eiskeller trifft Städtischen Friedhof
Ich mache mich langsam auf den Rückweg und komme nochmals durch Salzgitter-Flachstöckheim. Bereits auf dem Hinweg war mir der Straßenname Eiskeller aufgefallen. Aber, dass sich unterhalb des Eiskellers auch noch ein Hinweis auf den Städtischen Friedhof befindet, erscheint mir schon skurril. Schlägt man hier so zwei Fliegen mit einer Klappe?

Auf die letzte Sehenswürdigkeit meiner Tour stoße ich in Lobmachtersen: den Wasserturm. Aber Halt, tatsächlich komme ich in Immendorf doch noch an einer historischen Sehenswürdigkeit vorbei, dem ehemaligen Posthof. Leider darf das Gelände nicht betreten werden, da es von Privatleuten erworben wurde, die die Anlage gerade renovieren. Das zweigeschossige Fachwerkgebäude mit Halbwalmdach wurde 1756 erbaut. Von 1791 bis 1860 wurde an dieser Stelle die Poststation betrieben. Das Gebäude steht jetzt unter Denkmalschutz.

Die Rundtour von Braunschweig über Wolfenbüttel, den Odenwald, Cramme, Lobmachtersen und Salzgitter-Flachstöckheim nach Salzgitter-Bad und zurück über Salzgitter-Thiede ist 72 km lang.

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