Stempeljagd im Nebelwald

Christina/ November 26, 2019/ Kultur

Zugegeben: Nebel im November ist nichts Besonderes, es sei denn man ist auf Stempeljagd im Harz unterwegs. Kürzlich habe ich davon berichtet, dass mir nur noch wenige Trophäen der Harzer Wandernadel in meinem Stempelbuch fehlen, um mich Wanderkaiserin nennen zu dürfen. Gestern war ich wieder im Südharz unterwegs. Auf dem Programm standen folgende Stempel: Ehemalige Steinmühle (HWN 96), Glockensteine (HWN 198), Ebersburg (HWN 100), Reesebergdoline (HWN 214) und die Harzer Holzdampflok (HWN 99). Selbstverständlich war die Tour wieder von langer Hand vorbereitet. Aber wie das immer so ist: unverhofft kommt oft und immer öfter in Form von fehlenden Ausschilderungen außerhalb des Nationalparks Harz.

Appenrode im Südharz, da, wo die Sonne scheint
Hochmotivier stehe ich also am Sonntag (!!!) um 7 Uhr auf. Im Spätherbst gibt es kein Pardon, wenn ich in den Südharz will. Ist ja alles für den guten Zweck: es stehen die letzten acht Stempel der Harzer Wandernadel auf dem Programm. Heute sollen fünf davon ergattert werden – so der Plan. Am Seesener Bahnhof werde ich von Christian abgeholt, dann geht es in Richtung Appenrode, IRGENDWO im Südharz. Der Nebel ist ziemlich dicht an diesem Tag, viel sehen wir nicht. Das Dorf ist ausgestorben, weit und breit ist keiner auf der Straße. Der Ausgangspunkt für den ersten Stempel, die ehemalige Steinmühle (HWN 96) im gleichnamigen Teil, ist nicht wirklich leicht zu finden. Wir haben aber Glück und treffen auf eine Dorfbewohnerin, die uns den Weg sehr gut beschreibt. Und was für eine Überraschung: als wir an der Stempelstelle ankommen sehen wir blauen Himmel und die Sonne! Schnell ein Foto machen. Tatsächlich sehen wir die Sonne an dem Tag zum ersten und zum letzten Mal.

Steinkreuz im Nebel
Von Appenrode geht es mit dem Auto weiter zum Ort Steigerthal. Hier zeigt sich ein ähnliches Bild. Nebelige Suppe, weit und breit keiner zu sehen. Trotzdem erreichen wir den Ausgangspunkt der nächsten Wanderstrecke. Vom Ortsausgang Steigerthal sind es nur noch wenige Meter bergauf zu den Glockensteinen (HWN 198). Hier zeigt sich ein fast mystisches Bild: im Nebel eingehüllte Steinkreuze aus dem Mittelalter – das könnte hier auch irgendwo in Irland sein. Ach, was für ein Hochgefühl, der zweite Stempel des Tages. Danach wird es aber ernst. Von den Glockensteinen wollen wir weiter zur Ebersburg auf dem Herrmannsacker. Tja, wir haben zwar eine Wanderkarte dabei, allerdings gibt es die eingezeichneten Wege nicht mehr. Allein der Karstwanderweg ist ausgeschildert. Wir kämpfen uns irgendwie nach Buchholz durch. Ohne Weitsicht sind die Wege schlecht auszumachen. Oftmals sehen wir selbst die Bäume nur schemenhaft, je näher wir herankommen, desto deutlicher zeichnen sie sich aus dem Nebel ab.

Am Ende der Welt
In Buchholz haben wir nochmals Glück. Wir treffen auf zwei ortskundige Wanderinnen, die uns den Weg zur Ebersburg erklären. Oh ja, jetzt wissen wir endlich was mit dem Begriff „am Ende der Welt“ gemeint ist. Jetzt sind wir wirklich im Nirgendwo! Aber die Ruinen der Ebersburg überraschen uns und laden zu einer Rast ein. Wir entdecken ein Plakat auf dem steht, dass hier am 2. Advent ein Weihnachtsmarkt stattfindet. Klingt nett. Vielleicht kommen wir wieder. Und schon geht es weiter. Wir müssen im schnellen Schritt zurück zu unserem Auto in Steigerthal. Schließlich wollen wir noch zur Reesebergdoline und die Zeit bis zum Sonnenuntergang wird schon knapp.

Wir erreichen die Schauhöhle Heimkehle gegen 15:30 Uhr. Steil bergauf gehend kletten wir zur Doline. Es ist rutschig, matschig und das nasse Laub ist glitschig, aber egal, wir haben unser Ziel fest vor Augen. Wir befinden uns wieder auf dem Karstwanderweg und erreichen den Stempel 214 im letzten Tageslicht. Tatsächlich befinden wir uns an einem schönen Platz in einem schönen Wald – allein die hereinbrechende Dunkelheit zwingt uns zum Rückzug.

Nur noch vier Stempel bis zum Ziel
Wir fahren noch weiter nach Neustadt, ahnen aber bereits, dass es für die Stempelstelle „Harzer Holzdampflok“ schon zu spät ist. Eine Verkäuferin im örtlichen Bäcker, die wir nach dem Weg fragen, bestätigt unsere Vermutung. Nun gut, sei’s drum. Wir bestellen Kaffee und Kuchen und lassen diesen nebeligen, mystischen und schönen Tag ausklingen. Wir heben uns den Neustädter Stempel auf, vielleicht für den Weihnachtsmarkt-Tag auf der Ebersburg, liegt ja auf dem Weg.

Zufrieden, mit vier Stempeln im Gepäck, geht es zurück nach Seesen. Jetzt sind es nur noch vier Stempel bis zum Wanderkaiserinnen-Glück!

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