Plötzlicher Gefühlstod, Teil 2
In meinem zweiten Teil zum Thema „Plötzlicher Gefühlstod“ erfahrt ihr einerseits, warum der Marlboro-Mann eigentlich eine „arme Sau“ ist. Andererseits könnt ihr lesen, warum die Beziehung zu einem passiv-aggressiven Mann frustrierend sein kann.
Bedürfnisse und Erwartungen klären
Wenn ich jemanden mag, dann interessiere ich mich für diese Person. Über Gespräche möchte ich herausfinden, wer genau ist das? Was ist dieser Person wichtig, was hat sie für Werte, wofür steht sie ein? Was sind ihre Bedürfnisse und Erwartungen? Was wünscht sie sich von mir und von unserer Beziehung? Das ist sicherlich auch ein Abgleich mit meinen Wünsche und Bedürfnissen; so versuche ich zu entscheiden, ob es sich für mich lohnt, in diese Beziehung zu investieren. Denn jede Investition birgt das Risiko zu verlieren, also verletzt und enttäuscht zu werden. Mit dieser Strategie komme ich an Grenzen, wenn ich auf meine Fragen keine oder unaufrichtige Antworten erhalte, aus welchem Grund auch immer.
Schutzstrategien werden aktiviert
Das löst bei mir Verwirrung aus. Aus meinem Naturell heraus gebe ich aber nicht so schnell auf, bin aber ein wenig alarmiert. Ich fange an, diese Person zu beobachten, teste und probiere Strategien aus, denn mir liegt ja etwas an dieser Person. Stoße ich wieder an Grenzen, so merke ich, dass meine Frustration wächst. Ich fange also an mich selbst zu schützen und fahre meine Schutzstratgien hoch. Ich stelle eine Art Bilanz auf: Überwiegen die positiven Erlebnisse mit dieser Person noch über die negativen? Ist es sinnvoll und gut für mich, mit dieser Person zusammen zu bleiben und mich weiter zu engagieren? Überwiegen die positiven Erlebnisse über die negativen, so übe ich mich in Geduld. Aber ich merke, dass ich innerlich skeptischer werde, dass ich mich vor möglichen Verletzungen schützen möchte. Ich bin aufmerksamer und kritischer gegenüber non-verbalen und verbalen Signalen. Wie geduldig und rücksichtsvoll ich dabei sein kann, hängt natürlich auch davon ab, wie oft meine Wünsche oder Bedürfnisse in dieser Zeit erfüllt oder eben frustriert wurden. Und da kommen wir an einen neuralgischen Punkt: Das passive Sabotieren eines passiv-aggressiven Mannes kann meiner Erfahrung nach für mich so verletztend und herausfordernd sein, dass meine Frustrationsgrenze irgendwann überschritten wird. Wie sieht dieses passive Sabotieren aus?
Passives Sabotieren
Diese Personen sagen zu, Dinge zu erledigen oder behaupten, dass man sich voll auf sie verlassen könne. Dann sabotieren sie die Aktion jedoch veredeckt; sie führen angekündigte Handlungen einfach nicht aus, verzögern die Erledigung oder vergessen diese einfach. Sie halten Versprechungen nicht ein, reden sich raus und übernehmen für ihr Verhalten keine Verantwortung – diese versuchen Sie vielmehr auf ihr Gegenüber zu projizieren. Sie erfinden Ausreden wir: „Hatten wir das wirklich so vereinbart?“ oder „Ich bin leider krank geworden“ oder „Ich wurde leider aufgehalten.“ Leider führen diese Verhaltensweisen (in der Transaktionsanalyse wird von „Gefühlsmaschen“ gesprochen) in ihrer Häufigkeit bei allem Verständnis nach einiger Zeit zum folgenden Eindruck beim Gegenüber:
- Ich kann mich auf diese Person nicht verlassen
- Ich kann dieser Person nicht vertrauen
- Ich kann den Zusagen dieser Person nicht glauben
- Ich kann ihre Ausreden nach einiger Zeit erkennen und die Strategie durchschauen
Gegen die Glaswand laufen
Was mich allerdings noch viel mehr schmerzt, ist zum einen das Gefühl belogen, manipuliert und nicht respektiert zu werden. Zum anderen entsteht bei mir das unangenehme Gefühl für den anderen nicht wichtig zu sein, nicht gesehen zu werden, kein Vertrauen zu verdienen, da die Person mir offensichtlich keinen Beziehungskredit einräumt. Also stelle ich mir folgende Frage: Möchte ich so behandelt werden vs. will ich diese Person aufgeben, obwohl sie mir wichtig ist? Dass diese Entscheidung alles andere als einfach ist, brauche ich vermutlich nicht zu betonen. Allerdings muss ich mir nach einer Weile selbst eingestehen, dass ich eben nur mich selbst und nicht den anderen ändern kann. Auch wenn ich das vielleicht nicht wahrhaben möchte, weil eben Gefühle im Spiel sind und bereits einiges meinerseits investiert wurde. Aber wenn der andere mein Entgegenkommen nicht goutiert oder nicht goutieren kann, dann werde ich immer wieder ins Leere laufen, immer wieder mit dem Kopf an die Glaswand stoßen, die ich nicht ohne die Hilfe des anderen durchbrechen kann.
Der Marlboro-Mann, die arme Sau
Jetzt noch zum Marlboro-Mann, wie eingangs versprochen. Sicherelich könnt ihr euch noch an den Spot „Come to where the flavor is“ einer großen Zigarettenmarke erinnern. Der „lonesome cowboy“, der auf seinem Pferd in den Sonnenuntergang reitet und damit den „einsamen Wolf“ symbolisiert oder vielleicht auch den „kernigen Mann“, der seine Autonomie lebt. Nun, auch dieser harte Kerl ist nicht frei von dem Wunsch eine Beziehung zu haben – ob er das vor sich selbst zugibt, ist eine ganz andere Geschichte. Warum er nun eigentlich eine „arme Sau“ ist? Nun, dadurch, dass er sich selbst einredet, dass er niemanden braucht (psychologisch ist das Gegenteil bewiesen), schneidet er sich selbst von der Möglickeit ab, gute soziale Kontake aufzubauen und zu erhalten. Ich denke, eine solche Person ist nicht besonders beeindruckend. Denn, seine Flucht in die Autonomie ist tatsächlich mit vielen unerfüllten Sehnsüchten und Hoffnungen behaftet.
Wozu das Ganze?
Abschließend noch die Frage: Warum mache ich das hier? Alles, was ich aufschreibe, macht mir mein eigenes Denken, Fühlen und Handeln bewusst. Dadurch reflektiere ich diese Erlebnisse. In der Folge können diese Erlebnisse zu Erfahrungen werden, die wiederum in Lernprozessen verarbeitet werden und somit neue Aspekte meiner Identität bilden. Ziel ist dabei die Weiterentwicklung meines Selbst, nicht die Anklage des anderen.