Was hat Menschenhandel mit dir zu tun?
Was hat Menschenhandel mit dir zu tun? „Natürlich nichts“ werden sich jetzt die meisten denken. Frage: Schon mal günstiges Fleisch im Supermarkt gekauft? Schon mal bei Primark günstige Klamotten gekauft? Schon mal im Puff gewesen? Schon mal eine osteuropäische Pflege- oder Putzkraft beschäftigt? Wenn du eine oder mehrere dieser Fragen mit „ja“ beantwortest, dann bist du schon mittendrin – im modernen Sklavenhandel.
Am Mittwoch (03.06.2015) wurde im Haus der Kulturen eine Plakatausstellung zum Thema „Menschenhandel – hier und heute“ eröffnet. Hier ein paar Fakten aus den Schilderungen der Veranstaltungsrednern und aus der begleitenden Plakatausstellung: neben dem Handel mit Waffen und Drogen ist der Handel mit Menschen eines der weltweit lukrativsten Geschäfte und eine der profitabelsten Einnehmequellen. Die Opfer des Menschenhandels, die in Deutschland „landen“ stammen oftmals aus Osteuropa, insbesondere aus Bulgarien und Rumänien. So gesehen war die „Eingemeindung“ dieser Länder in die EU für die Menschenhändler sicherlich ein Segen und hat ihrem Geschäft nochmals einen ordentlichen Schub gegeben. Aber Vorsicht, bevor ihr jetzt meint, bereits die Schuldigen ausgemacht zu haben und ihr euch entspannt zurücklehnt: bitte nicht vergessen, dass der Markt von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. D.h., wenn keiner mehr günstige Lebensmittel nachfragt, wenn keiner mehr günstige Klamotten nachfragt und wenn keiner mehr günstige Prostituierte sucht, dann wird das einstmals lukrative Geschäft ganz schnell uninteressant für die Menschenhändler. Denn, eine Ware, die keiner will, lässt sich eben nicht verkaufen. Compris?
Thoren Biethan von der Polizeidirektion Braunschweig erzählt, dass eine „Garantieschleusung“ für Frauen aus Nigeria zwischen 50.000 – 80.000 Euro pro Person kostet. Ein sehr hoher Betrag für Viele von uns, aber sicherlich ein unvorstellbar hoher Betrag für eine mittellose Person aus Afrika. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, wo das Geld denn herkommt? Dann seht euch mal auf dem lokalen Rotlichtviertel um und fangt mal an zu rechnen, wie viele Freier so eine Frau bedienen muss, um 50.000 Euro abzustottern, wenn ca. 20 Minuten Freier-Prostituierte-Kontakt für 30 Euro über den Ladentisch gehen und viele Freier noch die Chuzpe haben, diesen Preis um 10-20 Euro zu drücken. Keine Ahnung, was für ein Menschenschlag das ist, der die Notlage anderer derart schamlos ausnutzt.
Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland sieht vor, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Ist das wirklich so oder gilt das nur, so lange der Mensch weiß ist oder die „richtige“ Religion hat oder reich ist und damit Macht hat?
Die Aussagen zweier Zwangsprostituierter haben mich nachdenklich werden lassen und sehr traurig gemacht: „Wenn die Männer kamen“, so erklärte es eine nigerianische Zwangsprostituierte, „und meine Hautfarbe sahen, dass dachte sie, mit der können wir alles machen.“ Eine zweite Frau mit dem gleichen Schicksal aus Bulgarien, 34 Jahre alt, sagte: „Wir müssen lernen, selbst zu denken und zu handeln. Nie durfte ich bis jetzt selbst entscheiden.“
Gleichfalls haben mich die Lohn- und Beschäftigungsverhältnisse beispielsweise in der Fleischindustrie schockiert: 2,30 Stundenlohn, unbezahlter Urlaub und 70 Stunden Woche. Jeder deutsche Arbeitnehmer würde dankend ablehnen oder auf die Barrikaden gehen.
Schließlich radle ich gedankenverloren und traurig über das Gehörte nach Hause. Plötzlich fällt mir auf, wie schön die Straße, die ich gerade entlangfahre ist, mit ihren grünen Bäumen, mit dem Vogelgezwitscher und der Sonne in meinem Gesicht. Mir fallen die Zeilen aus einem Herbert Grönemeyer Lied ein, in dem es heißt: „Die Erde ist freundlich, nur wir sind es nicht!“
27 Millionen Menschen leben weltweit derzeit in sklavenähnlichen Zuständen.