Wandern auf Korsika
Wandern auf Korsika. Für eine Woche. Mit Freundin und Wandergruppe. Die viertgrößte Insel des Mittelmeers wollte ich immer schon einmal besuchen. Schließlich hatte ich schon viel Gutes gehört. Im Internet finden wir dann eine Reise, die uns sowohl vom Preis als auch vom Programm her zusagt. Es geht nach Algajola im Norden Korsikas. Bereits die Reise auf die Insel ist ein Erlebnis: Im Zug sitzen wir einem Mann gegenüber, der unser ständiger Begleiter wird. Auf dem Flughafen müssen wir vier Mal das Gate wechseln bevor es losgeht. Fun Fact am Rande: Zwei Passagiere wollen nach Barcelona, sitzen aber am Gate nach Calvi. Auch vor Ort wird es turbulent. Mal gibt es Crack zum Frühstück, mal werden uns beinahe die Sitzkissen unterm Hintern weggezogen. Zwischendurch erwandern wir den Norden der Insel und lernen den „Feurigen Elias“ kennen.
Kurze Nacht, langer Tag
Unser Flug nach Calvi startet vom Airport Köln/Bonn. Aufgrund des Personalmangelns bei den Handgepäckkontrollen sollte man mittlerweile drei Stunden vor dem Abflug vor Ort sein. D.h. für uns, dass wir mitten in der Nacht aufbrechen müssen. Das Rail&Fly-Ticket (natürlich inklusive) soll uns hinbringen. Eine Platzreservierung haben wir keine – wer ist schon um diese Zeit unterwegs? Tja Pustekuchen. Der Zug nach Köln ist picke-packe voll. Auf den Sitzen wird geschlafen. Mit Mühe und Not ergattern wir noch zwei Plätze. Mir sitzt ein jüngerer Mann gegenüber. Noch ahnen wir nicht, dass er dasselbe Ziel hat wie wir.
Als wir endlich am Flughafen eintreffen ist es noch sehr ruhig. Schnell checken wir unser Gepäck ein, eine Bordkarte haben wir uns bereits online besorgt. Stand auf unserem Boarding Pass noch Gate B71, ist nun Gate B61 eingedruckt. Dort angekommen haben wir gerade Platz genommen als es über den Lautsprecher tönt, dass der Flug nun von Gate B30 ginge. Das Bäumchen-Wechsel-dich-Spiel geht also weiter. Schön auch das Pärchen, das ebenfalls am Gate B30 auf seinen Flug nach, ähm, Barcelona wartet, wie der Reiseführer in den Händen der Reisenden verrät. Buchstäblich im letzten Moment merken die beiden, dass sie am falschen Gate warten. Letztendlich fliegen wir vom Gate B80. Aber warum nicht, ein bisschen Fitnesstraining vor dem Flug kann sicherlich nicht schaden:-)
Nach 1,5 Stunden und mit leichter Verspätung landen wir in Calvi. Der Airport ist so klein, dass wir zu Fuß über das Rollfeld zum Flughafengebäude laufen können. Jetzt beginnt die Warterei auf das Gepäck. Das kommt aber recht schnell. In der Vorhalle warten bereits unsere Busse zum Hotel in Algajola. Unterwegs hält die Reisebegleitung eine erste Rede. Ich bin noch müde von der kurzen Nacht und nehme das Gesagte lediglich durch eine Nebelwolke wahr. 20 Minuten später sind wir am Maristella. Wir suchen erstmal unser Studio auf, das recht klein aber funktional ist. Bei dem schönen Wetter wollen wir uns gleich die Beine vertreten und den Ort Algajola ein wenig kennenlernen. Naja, Ort ist vielleicht zu viel gesagt. In der Rezeption klärt man uns auf, dass es sich eigentlich nur um eine Hauptstraße handelt.
Begegnung mit dem Feurigen Elias
Vom Hotel aus gehen wir zunächst über die Einfallstraße und sind schon am Strand. Hier gibt es bereits die ersten Cafés. Von unserem Standpunkt aus sehen wir auch auf Algajola und die Zitadelle. Im Ort halten wir Ausschau nach der Grundsicherung. Wir finden einen Bäcker und einen Spar. Gleich gegenüber ist ein Café. Nach dem Genuss des heißen schwarzen Getränks kommen die Lebensgeister langsam wieder. Wir erkunden noch den Bahnhof, von dem der „Feurige Elias“ seine Gäste entweder nach Calvi oder Ile Rousse bringt. Obwohl so ein heißblütiger Zug direkt an uns vorbei fährt konnten wir auf den ersten Blick nicht erkennen, was das Ungestüme an dieser Bahn ist.
Zum Schluss erreichen wir noch den Hafen, dann ist es auch bereits Zeit für’s Abendessen. Und hier erleben wir die erste Überraschung. Nein, es ist nicht das tolle Essen. Nein, es sind nicht die All-Inlusive-Getränke. Wir sehen unseren Sitznachbarn aus dem Zug nach Klön wieder. Krass! Zum Buffet: Nun viel schmeckt ja bekanntlich dem deutschen Publikum viel besser. Das Angebot ist groß, die Qualität eher mittel und das Essen teilweise lauwarm. Aber ich denke, bei dem was den Veranstaltern als Budget pro Gast zur Verfügung steht, kann man kein Gourmet-Essen erwarten. Und schließlich ist ja alles da: Salatbuffet, drei verschiedene Hauptspeisen und Nachtisch. Leider gibt es nach oder auch manchmal zum Essen Animation, die keiner so richtig braucht.
„Crack“ zum Frühstück
Am nächsten Morgen werden wir von der Sonne begrüßt. Wir frühstücken auf der Terrasse. Und hier begegnen wir unserer kleinen Urlaubsfreundin. Einer jungen grau gestreiften Katze, die alles andere als schüchtern ist und natürlich auf der Suche nach Futter. Wir geben ihr ein wenig Brot und beobachten, wie sie sich das Brot auf dem Boden zu einem Ball formt und dann damit regelrecht Fußball spielt bevor sie das Knäuel frisst. Der erste Lacher des Tages steht auf dem Programm, als Maren mir erzählt, dass es hinten am Buffet auch „Crack“ gebe. Hm, habe ich mich verhört? Crack, heißer Scheiß oder? Nun, tatsächlich handelt es sich um Crêpes:-)
Nach dem Frühstück geht es los. Wir nehmen unsere erste Wanderung in Angriff. Von Santa Reparata wandern wir über alte Hirtenwege zur Ile Rousse. Das ist ein schöner wenig anstrengender Fußmarsch zum Eingewöhnen. Bei bestem Wetter treffen wir in Ile Rousse ein. Während die anderen ein Pietra Bière Ambrée – ein Maronenbier – trinken gehen, erkunde ich den Hafen von Ile Rousse und sehe mich ein wenig in der Stadt um. Dazu gehört auch ein Blick auf die Markthalle. Die Stadt soll wohl im Sommer sehr lebendig, wenn nicht sogar überfüllt sein. Jetzt in der Nebensaison und an einem Sonntag wirkt sie eher ein wenig verschlafen. Mit dem Bus geht es später zurück ins Hotel.
Am nächsten Tag lernen wir den Forêt de Bonifatu im Nordwesten Korsikas kennen. Jetzt wird die Strecke schon etwas herausfordernder. Mit 650 HM im Auf- und Abstieg kommen wir etwas mehr ins Schwitzen. Die Umgebung erinnert mich irgendwie an die Heinrich-Heine-Wanderung im Ilsetal. Im Anschluss an die Wanderung kehren wir in der Auberge de la Foret ein. Ein nettes familiengeführtes Ausflugslokal. Anschließend geht es wieder mit dem Bus zum Hotel.
Der Kampf um das Sitzkissen
Wir das bei Buffets meistens im Hotel so ist, sitzen die Gäste schon vor der Eröffnung desselbigen hungrig vor dem Restaurant-Eingang und warten auf die Öffnung der Türen. Bei dem tollen Wetter, das wir haben, sitzen wir auch abends auf der Terrasse. Da die Tische allerdings sehr begehrt sind, ist es ratsam, dass einer am Tisch sitzen bleibt, damit der Tisch nach dem Gang zum Buffet nicht anderweitig besetzt ist. Während ich mich also gerade mit dem Speiseangebot auseinandersetze, spielt sich an unserem Tisch eine Szene ab, wie ich später erfahre. Ein Gast nimmt sich im Vorbeigehen – ohne zu fragen – einfach mein Sitzkissen vom Stuhl. Maren schaut den Mann in Gartenzwerggröße mit Bierbauch und Hosenträgern entsetzt an. Damit hat sie nicht gerechnet. Als sie den Gast darauf hinweist, dass der Platz besetzt sei, erwidert dieser nur trocken: „Da sitzt doch keiner“. Schließlich lässt er das Kissen dann aber doch liegen, als ihm gesagt wird, dass ich gleich wiederkäme. Zustände sind das!
Das wunderschöne Bergdorf Speloncato
Am dritten Tag stehen die Bocca di Battaglia und die Olmi Capella auf dem Programm. Auf der Fahrt zu unserem Ausgangspunkt halten wir unterwegs an und genießen den herrlichen Blick auf das wunderschöne Bergdorf Speloncato, das wie ein Vogelnest am Berg klebt. Vermutlich eines der meistfotografierten Orte Korsikas. Von der Bocca di Battaglia wandern wir durch einen Eichenwald zur Olmi Capella. Hier kehren wir in der L’osteria für einen Kaffee ein – wer möchte mit Schnapseinlage. Am Ende der Wanderung werden wir hier auch unser Abschlussbier trinken. Unser Rundweg führt uns zum Dorf Mausoleo und von dort zu einer alten Römerbrücke. Dann geht es bergauf zurück nach Olmi Capella. Die Tour ist mit 250 HM im Auf- und 600 HM im Abstieg moderat.
Calvi, die Schöne
Der nächste Tag ist wanderfrei. Wir nutzen die freien Stunden für eine Fahrt mit dem „Feurigen Elias“ nach Calvi. Die Fahrtstrecke zur korsischen Stadt im Nordwesten ist schön. Besonders die Anfahrt auf die halbmondförmige Bucht ist beeindruckend. Vom Bahnhof aus suchen wir den Einstieg zur Wallfahrtskapelle Notre Dame de la Serra. Was im Reiseführer als Spaziergang beschrieben ist, ist tatsächlich eine schweißtreibende Angelegenheit, da der Weg zur Kapelle nicht nur steil, sondern auch steinig ist. Oben angekommen genießen wir ein fantastisches Panorama auf die Innenstadt und die Zitadelle. Letztere schauen wir uns später auch noch ausführlich an. Angeblich soll hier Christoph Kolumbus geboren sein. Nach so viel Anstrengung und Kultur müssen wir uns dringend bei einem Drink entspannen. Am Hafen können wir das bei einem schönen Ausblick tun und den Abend auf uns zukommen lassen. Kur nach 17 Uhr treten wir den Rückweg ins Hotel an. Wieder nutzen wir den Feurigen Elias dafür. Unterwegs erleben wir einen wunderschönen Sonnenuntergang.
Die letzten beiden Wanderungen lassen mein Herz nochmals höher schlagen: es geht endlich auf einen Berg! Am Donnerstag unternehmen wir eine Küstenwanderung an der Désert des Agriates. Wir besteigen den Punta Liatoghju (222 m) oberhalb vom Ostriconistrand. Wie immer lohnt sich der Aufstieg: die Aussicht über das Ostriconital ist wundervoll. Die schönste Wanderung, wie ich finde, unternehmen wir aber am letzten Tag. Es geht direkt am Hotel los. Wir wandern am Kloster Corbara vorbei zum aussichtsreichen Gipfel des Monte Sant’Anglo (562 m). Am Ziel eröffnet sich ein fantastischer Blick über die Küste, der von Algajola bis zur Ile Rousse reicht. Nach einem gegenseitigen Fotoshooting geht es ins Dorf Sant Antonio. Dort erwartet uns im Clos Antonini ein Buffet mit korsichschen Wurst- und Käsespezialitäten. Einfach lecker! Der Abstieg erfolgt übere das Kloster Corbara bevor wir im Künstlerdorf Pigna auf der spektakulären Terrasse des A Casarella einen Abschlusstrunk zu uns nehmen. Auf dem Heimweg zum Hotel kommen wir an einer großen Ziegenherde vorbei, die uns neugierig beobachtet. Eine tolle Wanderung mit fantastischen Ausblicken auf die „Alten Dörfer“ von Korsika.
Am Samstag geht unsere Wanderwoche zu Ende. Für uns hat alles gepasst: Tolles Wetter, gutes Hotel und schöne Wanderungen. Und wer weiß, vielleicht kommen wir ja nochmal wieder und lernen den Rest der Insel kennen.